Artikelsuche
Service Menu
Allerlei
Wer Selbstzweifel hegt, kennt die Wonnen des Sich-Benachteiligtfühlens noch nicht.
Die Zugehörigkeit zum intellektuellen Pöbel manifestiert sich in keiner Eigenschaft deutlicher als in der Unfähigkeit, die literarische Qualität eines Textes zu würdigen, dessen inhaltliche Tendenz einem zuwider ist.
Wenn man sämtliche Schöpfungen des weißen Mannes von diesem Planeten entfernte, besäßen seine Ankläger weder Zeit noch Mittel, ja nicht einmal Begriffe, um ihn mit Vorwürfen zu überhäufen.
Acta diurna
Sämtliche Texte in diesem Diarium geben ausschließlich private Meinungen des Autors wieder bzw. schildern Ereignisse aus dessen ganz privater Sicht. Der Verfasser repräsentiert weder ein Medium noch einen Verlag noch eine Partei, sondern einzig und allein sich selbst.
Deutsche Hörer! Das Lichterfest naht auf Rentiers- und zunehmend Antilopenfüßen, die Supermärkte füllen sich mit kulturunsensiblem Naschwerk, und da will auch der Kleine Eckladen nicht abseits stehen: Auf, wie man sagt, vielfachen Wunsch haben Elena Gurevich und der Betreiber eine neue Schiffsladung mit CDs ihrer literarisch-musikalischen Soiree "Lebenswerte" produzieren lassen, um dem geneigten Besucher eine Option zur Erfüllung des saisonalen Verschenkzwanges anzubieten. Probehalber hineinhören und sodann stracks bestellen können Sie die Doppel-CD hier.

(Die Möglichkeit, das Hörbuch als MP3-Datei zu ordern, besteht nach wie vor hier.)
18. Juni 2019
Der Statthalter Kants auf Erden, St. Jürgen, Transzendentaldemokrat, Weltbürger, Aufklärer und Deutschlands fittester Diskurssenior, feiert heute seinen neunzigsten Geburtstag. Bei der Zeit werden seine Artikel in recycelbarem Material gerahmt an Stellwänden im Foyer versammelt, bei den Grünen knallen die Bionadekorken, in allen sozialdemokratischen Altenheimen brennen die Kerzen, und führende Vertreter der Wahrheits- und Qualitätspresse applizieren resp. apportieren ihre Gratulationsleitartikel. Sie handeln von jenem Triumphzug, den der zwanglose Zwang des besseren Arguments speziell durch die Redaktionen und Universitäten antrat, wo heute die wissenschaftlichen Gesetze des kommunikativen Handelns Buntheit und Vielfalt garantieren. "Wer da nicht mitzieht, hat keine Chance" (A. Wendt).
***
Ich will mich beschränken auf Günter Maschkes Bemerkung, es sei im Grunde überflüssig, sich mit einer Theorie zu befassen, die täglich in den Morgennachrichten erledigt werde. Diese sehr deutsche Tatsache – "Desto schlimmer für die Wirklichkeit!" – erklärt zugleich die Geltung des Gevatters in hirnschwurbeligen Kreisen, wo folgenfrei palavert und Theriemüllhalde auf Theoriemüllhalde gehäuft wird, das Prinzip des skin in the game außer Kraft gesetzt ist und niemand sein Geld mit praktischer Arbeit verdienen muss.
***
Apropos kommunikatives Handeln. Daniel Zimmermann, Bürgermeister von Monheim (NRW), hat einen Auftritt des (mir unbekannten) Kabarettisten Kay Ray in der von ihm verantwortungsvoll verwalteten Kommune verboten. Er könne keine Veranstaltung dulden, "die die Grenzen des Diskurses in erheblicher Weise nach rechts verschiebt". Wenn Deutschland schon seine Landesgrenzen nicht kontrolliert, ist es löblich, dass ein deutscher Kommunalpolitiker wenigstens die kabarettistischen Grenzen schützt.
***
Man soll sagen: Deutschland in den Satiregrenzen von 2019.
***
Ein paar Worte zum Jubiläum des Grundgesetzes, das jetzt fast so alt ist wie der Habermas und solide Chancen hat, dessen momentanes Alter auch noch zu erreichen (wobei ich nicht darauf wetten würde), ein paar Worte zum Grundgesetz erbat sich, allerdings etwas zu spät, der Veranstalter des Burschentages, wo ich am Samstag sprach (siehe Acta vom 16.) Aber da war die Rede schon fertig geschrieben und ohnehin zu lang. Überdies fällt mir zu diesem Thema wenig ein. Ich wurde unter der auf dem Papier ja ganz nett klingenden Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik realsozialisiert und weiß also, wie leicht diese Gummiparagraphen wiegen, wie flexibel sie sich auslegen lassen: "Alle politische Macht in der Deutschen Demokratischen Republik wird von den Werktätigen in Stadt und Land ausgeübt. Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen der sozialistischen Gesellschaft und ihres Staates." (Artikel 2.1, Fassung von 1974).
Zunächst einmal: Das Grundgesetz ist eine Verfassung und zugleich auch wieder nicht, zumindest keine endgültige. Das haben sich nicht die Reichsbürger ausgedacht, sondern die Elter 1 und Elter 2 des GG selber, dessen Artikel 146 bekanntlich lautet: "Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."Gewiefte Advokaten behaupten jetzt freilich: "Artikel 146 gibt keine Handlungsempfehlung vor. Er besagt nicht, dass das Grundgesetz durch eine vom Volk bestimmte Verfassung abgelöst werden soll oder muss. Es besagt nur, dass das Grundgesetz durch eine vom Volk bestimmte Verfassung abgelöst werden kann. Anders ausgedrückt besagt Artikel 146 also lediglich: 'Sobald Gesetz B in Kraft tritt, verliert Gesetz A seine Gültigkeit.' Damit wird aber in keiner Weise impliziert, dass Gesetz A bis zu diesem Zeitpunkt keine Legitimität besitzt."
Nein, das nicht. Doch diese Argumentation wirkt trotzdem nicht ganz wasserdicht. In Art. 146 wird ein "in freier Entscheidung" statuiert und in Aussicht gestellt. Wie unser Auge nach dem Schließen automatisch ein Nachbild eines betrachteten hellen Objekts in dessen Komplementärfarbe bildet, wird hier die unfreie Entscheidung vor dem inneren Auge vorstellig. Ein satanischer Vers?
Die satanischen Verse, Sie erinnern sich, so heißt nicht nur ein Roman von Salman Rushdi, mit dem sich der Schriftsteller in die Sphäre der drohenden rituellen Schächtung emporgeschrieben hat, es soll diese Verse tatsächlich geben. Der Schaitan, heißt es, hat sie gesprochen. Die Begebenheit ist in der islamischen Überlieferung festgehalten, es geht um Sure 53, Verse 19-20: "Was meint ihr wohl zu al-Lat und al-'Uzzā und auch zu Manāt, dieser anderen, der dritten?" Nach einer bei at-Tabarī erhaltenen Überlieferung fuhr Mohammed nach der Erwähnung der heidnischen Göttinnen des vorislamischen Mekka aufgrund der Einflüsterung Satans fort mit den nicht kanonisierten Worten: "Das sind die erhabenen Kraniche. Auf ihre Fürbitte darf man hoffen."
In der gültigen Fassung sind die heidnischen Götzen eliminiert, doch Satan versucht immer wieder, an dieser Stelle in den heiligen Text einzudringen; ein überaus poetischer Gedanke. Den historischen Hintergrund – es ging wohl um eine zwischenzeitliche Konzession an einen heidnischen Stamm – schenken wir uns, denn wir müssen uns den satanischen Versen des hl. Grundgesetzes zuwenden. Die "freie Entscheidung" in Artikel 146 ist so einer. Manche behaupten inzwischen, das im GG notorisch als Souverän herumgeisternde "deutsche Volk" stamme ebenfalls aus der Höllen und ihrer Spelunck. Ich hinwiederum würde eher die Formulierung, die Bundesrepublik sei ein "sozialer Bundesstaat" (Art. 20.1) und "sozialer Rechtsstaat" (28.1) zu den Einflüsterungen von Meister Urian zählen, denn das Framing des Rechtsstaats mit dem Attribut "sozial" – statt des kurzen und bündigen "Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Rechtsstaat" – hat Letzterem gewissermaßen ein Fußeisen angelegt, welches im Laufe der Jahre und der politischen Linksdrift immer schwerer wurde, und womöglich kann der arme Rechtsstaat eines Tages deshalb nicht mehr laufen. Ähnlich steht es um den Bombast des ersten Satzes, wonach der Schutz der Menschenwürde die wichtigste Aufgabe des Staates sei, präludierend hineingraviert in eine Gesetzestafel, die gleichsam auf Leichenbergen errichtet wurde, aber niemand wäre damals auf die satanische Idee gekommen, Deutschland werde dereinst moralisch noch weiter als jemals militärisch expandieren und den halben Globus mit dem elastischen Anakondamaul seines Menschenwürdeparagraphen zu umschließen suchen.
Und wie verhält es sich mit dem Vers "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht"? Auch ein satanischer? Nein. Teuflisch ist dessen Praxis. Teuflisch ist, dass bei uns Terroristen, IS-Kombattanden und andere Radikale ungehindert ins Land strömen und der Satz inzwischen lautet: Politische Verfolger genießen Asylrecht.
PS: Was die von Art. 146 in Aussicht gestellte, in freier Entscheidung beschlossene Verfassung betrifft: Die wird für die Bundesrepublik heutigen Zuschnitts nie gelten, die wird sich allenfalls ein deutsches Restvolk auf einem Sezessionsterritorium geben.
***
Während Regierung und Medien über sinkende Kriminalitätszahlen frohlocken, meldet die Welt, dass laut Bundeskriminalamt anno 2018 "im Bereich Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen" 230 Deutsche einer Straftat zum Opfer gefallen sind, an der mindestens ein tatverdächtiger Zuwanderer beteiligt war; ein Anstieg von 105 Prozent im Vergleich zu 2017. "Im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden 3261 Deutsche Opfer einer Straftat mit mindestens einem tatverdächtigen Zuwanderer und somit 21 Prozent mehr als noch im Vorjahr."Insgesamt wurden 46.336 Deutsche Opfer von Straftaten mit tatverdächtigen Zuwanderern (umgekehrt 8455 Asylbewerber und Flüchtlinge einer Straftat durch einen deutschen Tatverdächtigen).
Schnitt.
Nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) – Lübcke hatte zuvor mit seiner Äußerung, wer mit der Masseneinwanderung nach ’schland nicht einverstanden sei, müsse halt auswandern, in der "rechten Szene" einen Wutsturm ausgelöst, der Tatverdächtige gilt als dieser Szene zugehörig; mehr ist noch nicht bekannt – warnt der "Rechtsextremismusforscher" Gideon Botsch vor einer erhöhten Terrorgefahr. "Die nächsten 12 bis 18 Monate werden besonders gefährlich", sagte der Leiter der Forschungsstelle für Antisemitismus und Rechtsextremismus des Moses-Mendelssohn-Zentrums an der Universität Potsdam.
Ja, das werden sie. Die 50.000er Marke bei unmittelbaren deutschen Willkommenkulturgeschädigten wird in diesem Zeitraum mit Sicherheit geknackt.
***
Nachrichten aus der Kompetenzgesellschaft:
PS: "Immerhin", schreibt Leser ***, "haben Sie Ihren Lesern nicht durch Kürzungen oder Manipulationen des Rundschreibens verschwiegen, dass die hier erwähnten Leistungspunkte ohne Vernotung vergeben werden. Zur Einordnung gehört es aber doch der Hinweis, wie viele Leistungspunkte hier vergeben werden – immerhin ganze 3 –, in welchem Bereich dies geschieht – Module mit der Bezeichnung 'AQUA_ZQ' stehen in keinem Zusammenhang mit einer fachlichen Qualifikation – und welche Bedeutung dieser Leistungsnachweis für den Studienabschluss insgesamt hat – kurz gesagt: keine, was sich erstens aus der fehlenden Benotung ergibt und zweitens daraus, dass im Rahmen des gesamten Studiums 330 Leistungspunkte erworben werden müssen (selbst wenn dieser genüßlich aufgespießte Leistungsnachweis benotet würde, würde er also weniger als 1 % der gesamten Studienleistung ausmachen).Wie traumwandlerisch leicht Sie das ohnehin nicht hohe Niveau dieses Rundschreibens unterbieten und schlussendlich nur sich selbst blamieren, ist aller Ehren wert."
Schon recht, geehrter Herr ***, nur: Wie könnte ich das Niveau eines Schreibens unterbieten, indem ich es unkommentiert veröffentliche? Aber da Sie meine Gedanken lesen können: Ich bin in der Tat der Ansicht, dass ein Architekturstudent (aber auch ein Physik-, Maschinenbau-, Informatikstudent etc.) durch diesen Staatsfrömmigkeits- oder meinethalben Nächstenliebenachweis nicht ein einziges Leistungspünktchen erwerben können sollte.
***
Ein paar Alterstufen tiefer – wobei: sicher ist das nicht – artikuliert sich die Kompentenzgesellschaft so:
***
Und eine Gesellschaft früher – manche meinen freilich, die heutige sei nur ein Interregnum zwischen den Sozialismen – las sich das so:
Habe ich hier, glaube ich, schon mal veröffentlicht, aber des wiederholten Schwelgens darin mag sich verschließen, wer da kann!
(Das war jetzt übrigens Framing.)17. Juni 2019, Tag des Da-war-doch-was?
"Hegel war eine aristokratische Reaktion auf die französische Revolution."
Stalin
***
***
"Linksversiffter Kunstkadaver" – so hat der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen angeblich die deutschen Bühnen oder vielleicht auch die gesamte Freie Deutsche Kunstszene (FDK) genannt. Tatsächlich stammt das Zitat nicht von Meuthen, sondern ist ihm bloß untergejubelt worden: von Ulrich Khuon, dem Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins. Es handelt sich also um eine Art Selbstbeschreibung, die der Komödianten-Präses in aller Bescheidenheit unter falschem Namen verbreiten ließ.
Wo der Herr Khuon recht hat, da hat er eben recht.
***"Die mutmaßlichen Rechtsterroristen der Gruppe 'Revolution Chemnitz'" – grendelhafte Unholde, acht an der Zahl – "strebten nach aktuellen Erkenntnissen der Ermittler den Sturz der Bundesregierung und die Beseitigung des Rechtsstaats an. Für den 3. Oktober 2018 geplante Gewaltaktionen in Berlin sollten dafür nur der Auftakt sein." Meldet t-online.
Man merkt bei der Lektüre der Nachricht, wie verdammt knapp das war.
***
Rechte Trolle behaupten bekanntlich, in den deutschen Gazetten herrsche keine Meinungsvielfalt. Diese Zusammenfassung von Pressekommentaren zur jüngsten Gauckiade – völlig überraschende Positionen, immer neue Volten, verblüffende Nuancierungen, kurz: ein Hauen und Stechen höchsten pluralistischen Karats – sollte die monomanischen Munkelrüben zum Schweigen bringen.
***16. Juni 2019
Man überlege, was ein Kleist aus dem Mariechen von Freiburg, dem Fall der Familie Ladenburger, gemacht hätte! Und welche wohlfeilen Proteste auf der Buchmesse dagegen hätten organisiert werden können!
***Vorgestern radelte ich noch entlang der Etsch, und gestern schon fragte man mich, weshalb ich denn die Hymne nicht mitsänge; ich hätte ja die Strophe, worin die Etsch als Südscheide gen Welschland ihren heiklen Platz hat, weglassen können, aber warum verschlösse ich mich bzw. meinen Mund auch der dritten? Sei ich denn ein Özil oder Boateng?
So schnell wird man vom Festredner zum Festochsen! Ich musste den braven Mann, einen Alten Herren einer für mich Unkundigen nicht identifizierbaren Verbindung, mit der Bemerkung abspeisen, dass ich eben nicht sänge, also nicht im Chor und mit der Menge, daheim unter der Dusche oder beim Revierreinigen nähme ich es mit jeder Wagner-Partie auf, Isolde und Brünnhilde inbegriffen. Ja, und die Senta erst! Joho-ho-hé! Aber die Nationalhymne? Ich könne sie so wenig mitbrummeln, wie es mir widerstrebe, an einer Messe teilzunehmen, ich sei eben ein vernagelter Querulant, dem die Kollektivisten im deutschen Gottesstaat der Atheisten jeden Impuls ins Gemeinschaftliche abdressiert hätten. In mir habe für alle Zeiten der solitäre, womöglich solitaristische Knall obsiegt. Anders bei Özil, der habe deshalb nie mitgesungen, weil er einem anderen Kollektiv angehört, dort falsettiere er bestimmt brav zu Cümbüş, Kabak-kemâne und Sackpfeife (Tulum). Boateng indes hätte gewollt, konnte sich aber bloß den Text der ersten beiden Strophen merken, und die kamen nie dran. Aber ich singe nicht und kann nicht anders, hätt’ Allah mich bestimmt zum Hymnenmitsinger, so hätt’ er mich als Hymnenmitsinger geschaffen. Hergottsakra!
Wo die Szene spielt? Auf dem Burschentag der Deutschen Burschenschaft in Bachs Geburtsstadt, wo ich als sog. Festredner geladen war. Die fesch kostümierten und mit Degen bewaffneten Herrschaften auf dem Podium blieben übrigens während meines gesamten Vortrags stehen, was mich anfangs etwas irritierte – mein Publikum, wenn es sich schon nicht vor Kaminen auf Eisbärenfellen räkelt, soll wenigstens sitzen –, doch schließlich stillte mich die Erwägung, dass ich ja selber stünde. An jenen Stellen, wo der Applaus fällig wurde, rasselten die auf dem Podium mit ihren Degen, während das Publikum im Saal teils heftig auf die Tische klopfte. Hier bzw. dort herrscht noch Manneszucht. (Einen Video-Mitgeschnitt gibt es diesmal nicht; wer sich für das krude Zeug interessiert, das ich vortrug, findet es, leider eben ohne sekundierendes Waffengeklirr, hier.)
Zur Hymne denn also. Alle drei Strophen wurden am Ende gesungen, zum elektrischen Pianoforte, derweil ich mit vernähtem Munde immerhin halbwegs strammstand, wobei mich bei der ersten Strophe durchaus sacht der Haber stach, wenn nicht gar der Habermas!, meinen Mund doch aufzutun. Die erste ist ja, ästhetisch betrachtet, eindeutig die beste. Zwei und drei sind Kitsch. Aber gut, eine kitschige Hymne, das ist ein weißer Schimmel oder ein grüner Gauner. Deutschland wiederum ist das einzige Land der Erde, wo nach Polizei und Verfassungsschutz gerufen wird, wenn jemand die vollständige Nationalhymne singt. Deutschland ist aber auch das einzige Land der Erde, das zwei Weltkriege und obendrein noch in der Vorrunde gegen Südkorea verloren hat; da wird man halt irgendwann meschugge.
Die erste Strophe gilt heute als revanchistisch, weil sie geographisch akkurat den deutschen Sprach- und Kulturraum umreißt, den Gevatter von Fallersleben weiland als einiges Land ersehnte, und man weiß nicht recht, was aus heutiger Warte daran falsch sein sollte, denn es herrschten ja dann Buntheit und Weltoffenheit, Energiewende und Willkommenskultur, Greta und Grüne von der Maas bis an jene Memel, an welcher jetzt Russen, Weißrussen und Litauer den Fortschritt behindern wie in anderen einstmals deutschen Ostlanden die störrischen Polentrolle. Man stelle sich vor: Merkeldeutschland in den Grenzen von wenigstens 1937! Doch die Amtsvorgänger von Trump, Putin und der Brexiteers hatten etwas dagegen. Die zweite Strophe gilt als besonders kitschig, was dem deutschen Weißwein gegenüber ungerecht ist. Die dritte mag ich nicht mehr hören, seitdem ich weiß, wer sie sonst noch singt.Sela, Hymnenende.
***
Kamerad *** sendet mir in regelmäßigen Schüben die neuesten Trouvaillen aus Presse, Funk und Netz. Mitunter gruppieren sich die Fundstücke zu selbsterklärenden Collagen, in denen dieses auf seine alten Tage immer verrückter werdende Völkchen quasi en miniature abgebildet ist. Die gestrige Sendung bestand aus den folgenden, jeglicher Kommentierung überhobenen Zeitungsbeiträgen:
>> Der Tagesspiegel fordert in einem überlangen Kommentar, den selbst ein Grünenwähler nicht mehr als Bericht durchgehen lässt, mehr oder weniger unverhohlen die Entfernung des "rechten" Kabarettisten Uwe Steimle vom öffentlich-rechtlichen Brotkorb. Auszug: "2009 noch hatte die Linkspartei Steimle in die Bundesversammlung gewählt, damals warb der Schauspieler dort für seinen Kollegen Peter Sodann als Bundespräsidenten. Der NDR kündigte Steimle anschließend als Schweriner "Polizeiruf"-Fernsehkommissar. Steimle war überzeugt, dass er aus politischen Gründen und wegen Aufmüpfigkeit rausgeschmissen wurde.
Inzwischen hat Steimle keine Berührungsängste mehr mit Rechtspopulisten. Er war 2018 gemeinsam mit Thilo Sarrazin, Vera Lengsfeld, Eva Herman, Uwe Tellkamp und anderen Erstunterzeichner der 'Gemeinsamen Erklärung', die Deutschland durch 'illegale Masseneinwanderung beschädigt' sah."
>> "Der Zuzug von Menschen aus Afrika, Syrien und dem Irak wächst, weil die Balkan-Route wieder attraktiver wird", meldet die online-Ausgabe der Rheinischen Post. Deutschland bleibe weiterhin das Hauptziel der Wandernden. Derzeit kämen 500 Asylbewerber pro Tag nach Deutschland. (Mal 365. Mal Regierungsjahre CDU/CSU/SPD, demnächst Grüne.)
>> "Michaelibad in Angst", hetzt Bild München. "Aggressive Jungmänner-Horden, oft mit Migrations-Hintergrund, drängten vergangene Woche zum Randalemachen ins Michaelibad. Die meisten hatten nicht mal Badesachen dabei. Es gab Pöbeleien, Handgreiflichkeiten, schlimme Drohungen. Auch im Dantebad und im Westbad spielten sich ähnlich beängstigende Szenen ab, nur nicht so häufig. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch."In München. Aus Essen oder Bremen würden solche Petitessen wahrscheinlich gar nicht gemeldet, das klärt man dort untereinander. Nun wollen Stadtverwaltung, Bäderbetreiber und Polizei dem Treiben Einhalt gebieten. Ein brillanter Plan sickerte bereits durch: Ohne Badesachen soll bald keiner mehr ins Bad dürfen.
***
Ein Moslem hat die Chance zu sagen, es sei gegen Gott. Unsereiner hat allenfalls die Chance zu sagen, ein Moslem habe die Chance zu sagen, es sei gegen Gott.
***Die FAZ teilt mit: „Rund 7,8 Milliarden Euro konnte das Berliner Entwicklungsministerium im Jahr 2016 ausgeben. Im selben Jahr haben Migranten umgerechnet 17,7 Milliarden Euro aus Deutschland zurück in die Herkunftsländer überwiesen. Das waren rund 6,5 Milliarden mehr als noch im Jahr 2007, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion hervorgeht.“
Zurück überwiesen. So so. Ich schlage vor, dass die Wahrheits- und Qualitätspresse künftig schreibt: Asylbewerber erhalten in Deutschland ab sofort Sozialhilfe und Aufenthaltsrecht zurück.
***
Übermacht, ihr könnt es spüren,
Ist nicht aus der Welt zu bannen;
Mir gefällt zu konvergieren
Mit Gescheiten, mit Tyrannen.Da die dummen Eingeengten
Immerfort am stärksten pochten,
Und die Halben, die Beschränkten
Gar zu gern uns unterjochten.
(Goethe)
***
Das führt uns zu den Musen, denen der Sonntag gehört, wengleich heute nur in Form eines Hinweises auf einen kommenden Tag des Herrn. Am 7. Juli präsentiert Elena Gurevich in München ihr neues Programm, welches nach ihr niemand besser kennt als ich, denn sie spielt es als mein gutes Weib und Ehegespons am heimischen Flügel rauf und runter. Da ich Sie aber unmöglich alle in meine bescheidene Butze bitten kann, empfehle ich zumindest den Süddeutschen unter den Besuchern des kleinen Eckladens, an besagtem Sonntag im Schloss Nymphenburg vorbeizuschauen, das Konzert beginnt um 17.00 Uhr, ein Spaziergang durch den Park davor, eine Flasche Wein danach, so wüchse zusammen, was zusammengehört... (Tickets gibt es hier.)11. Juni 2019
Derzeit, geneigter Leser, befinde ich mich in Südtirol, wo zwar die Netzabdeckung besser ist als daheim, aber der Drang, via Internet zu räsonnieren, von einem anderen élan vital überlagert wird, dessen Stillung durch eine typisch abendländische Konstrukteurs-Kumulation ermöglicht wurde, nämlich durch die Herren Karl von Drais (Deutschland), Pierre Michaux (Frankreich), John K. Starley (England) und John B. Dunlop (Schottland). Binnen 27 Jahren war das getrennt verrichtete kollektive Werk vollbracht: Das lenkbare Veloziped mit Tretkurbel, niedrigen Rädern und Luftreifen hielt Einzug in die Geschichte. Diese Innovation preisend, schraubte ich mich gestern von der Prad-Seite gen Stilfser Joch empor, vorbei an pittoresken An- und Ausblicken:
Bis ich mich freilich 500 Meter unterhalb der Passhöhe jäh ausgebremst sah:
Was Freund *** zu der launigen Bemerkung veranlasste: "Nun sperren sie sogar schon Alpenpässe für Rechtspopulisten."
Helás!
***
Aber auch in Südtiroler Alpentälern wird die Heimat vorstellig. Facebook-Herumtreibern, die mit mir dortselbst in Kontakt standen, wurde soeben folgender sachdienlicher Hinweis auf den Bildschirm gespielt:
Die nimmermüden Spitzel-Algorithmen – ich nehme mal an, dass es keine arbeitslosen linksdrehenden Geisteswissenschaftler waren – haben also einen beinahe zwei Jahre alten Facebook-Text von mir ausfindig gemacht, der gegen irgendwelche inzwischen geltenden Gesinnungsstandards verstößt und angeblich unter "Hassrede" fällt (meine Facebook-Seite habe ich Mitte 2018 stillgelegt). Also das Portal wird jetzt sogar rückwirkend erkennungsdienstlich behandelt. Was an dieser freundlichen Bemerkung hasserfüllt, -gesteuert oder -kontaminiert sein soll, wird schwerlich jemand begründen können. Wenn es Algorithmen waren, die eine solche Klassifizierung trafen, dann hat wahrscheinlich der Terminus "Kanake" den Alarm ausgelöst. Oder sind doch wider Erwarten Figuren vom Schlage der Kahane-Truppe willkürlich tätig geworden? In beiden Fällen zeichnet sich eine Zukunft ab, die von DDR-artiger Zensur geprägt ist, freilich in einer flächendeckenden Vollendung, die den alten Stasi-Kämpen Tränen in die Augen treiben dürfte.
Algorithmen kann man natürlich übertölpeln, indem man die Reizworte nicht verwendet und sich poetische Aliasbegriffe ausdenkt, bis die Algorithmenschreiber auch gegen diese Termini Allergieprogramme installiert haben, dann beginnt das Spiel von vorn. Und so immerdar. Unser Zensur-Heiko wird dereinst womöglich, wenn auch sonst nicht viel, so doch als ein bedeutender unfreiwilliger Sprachpflanzer gelten.
Die Acta werden gegen Ende der Woche fortgesetzt.
7. Juni 2019
Der Londoner Journalist David Goodhart, der lange für die Financial Times schrieb, bevor und schließlich sein eigenes Magazin Prospect gründete, hat 2017 das Buch "The Road to Somewhere: The Populist Revolt and the Future of Politics" veröffentlicht, in dem er zwei neue gesellschaftliche Gruppen oder Klassen oder Milieus definiert, die er "Anywheres" und "Somewheres" nennt. Beide Worte bedeuten "irgendwo", aber das eine auf abstrakte, das andere auf konkretere Weise. Goodhart beschreibt mit diesen Begriffen den Gegensatz zwischen einem traditionell sesshaften Milieu und den modernen Berufs-Nomaden. Die "Anywheres" besitzen, in Goodhart Worten, "tragbare Identitäten", sie sind karriereorientiert, beruflich mobil, überall und nirgendwo zuhause, gut ausgebildet, polyglott, erfolgreich. Sie verkörpern das EU-freundliche und globalistische Establishment. Verglichen mit den "Somewheres" sind sie zwar die zahlenmäßig weit kleinere Gruppe, aber sie dominieren heute den Politik- und Kulturbetrieb in der westlichen Welt, überhaupt die Gesellschaft, was auch damit zusammenhängt, dass um sie herum ein ganzes Soziotop von Möchtegern-Anywheres wuselt, die in internationalen Unternehmen, NGOs, transnationalen Organisationen wie der UNO, in den Medien, an Universitäten, in globalistischen Stiftungen, in den Parteien und ihren Apparaten ein Auskommen haben. (Es handelt sich meist um "Somewheres", die nur gern "Anywheres" wären oder sich dafür halten; ihre Ernüchterung wird eines Tages groß sein. Das nur am Rande.) Dass dieses Milieu eine Art Mentalitätsherrschaft ausübt, ist evident. Seine Angehörigen nennen sich liberal, weil sie für Schwulenehe, Klimarettung, freien Warenfluss und offene Grenzen sind, aber wenn jemand ihre Ansichten nicht gutheißt, werden selbst Weiber zu Hyänen...
Auf der anderen Seite stehen Menschen, die in ihrer geographischen Heimat und kulturellen Identität wurzeln, die von der Globalisierung nicht nur verunsichert, sondern tatsächlich in ihrer Existenz bedroht sind, in deren soziales Umfeld die prekäre Mehrheit der Migranten strömt, wo sie als neue Konkurrenten um die Billigjobs und nachbarschaftliche Plagegeister tatsächlich den Modus des Zusammenlebens täglich neu aushandeln. Die "Somewheres" sind oft älter, weniger gebildet und weniger sexy als die "Anywheres". Diese neue Unterscheidung, schreibt der Präger des begrifflichen Gegensatzpaares, könne die alte in rechts und links ablösen.Goodharts Diagnose einer Neuformatierung der westlichen Gesellschaften entlang veränderter Bruchlinien hat, wie das ja meistens der Fall ist, bereits Vorläufer, darunter Lord Ralf Dahrendorf, der in einem anno 2003 erschienenem Interviewband namens "Die Krisen der Demokratie" die Heraufkunft einer neuen postnationalen Klasse konstatierte, die alles Globale gutheiße, alles Nationale ablehne und schon die Zugehörigkeit zu einem Land als "lästig" empfinde. – Ich meine, es ist ein Dualismus, mit dem sich einiges erklären lässt, nicht zuletzt das Phänomen des Rechtspopulismus, würde allerdings nicht so weit gehen, den Links-Rechts-Gegensetz gleich ganz zu verabschieden.
Es gehört habituell zum Typus des Anywhere (ich lasse die Anführungszeichen von jetzt an weg), dass er den Somewhere belehren und erziehen will, dass dies von oben herab geschieht, ohne nähere Kenntnis der Lebensumstände des Belehrten, dafür aber im Pastorenton moralischer Superiorität. Nun geben sogar einige Hollywood-Zelebritäten ihr Debüt als Heidenmissionare im Sächsischen. In einem Offenen Brief, den die Leipziger Volks(!)zeitung vorab veröffentlichte, "rufen internationale Oscar-Preisträger, Schauspieler, Filmemacher und Autoren" die Einwohner von Görlitz auf, bei der Oberbürgermeisterwahl am 16. Juni nicht dem AfD-Kandidaten ihre Stimme zu geben.
Die Manipulation des Wahlvolkes, nein, der Wahlbevölkerung, der Wählenden oder eben des Stimmviehs durch "Influencer" wie etwa jenen blaulockichten youtube-Fatzke, den das Grünen-Amtsblatt von der Hamburger Relotiusspitze auf seinen – erstaunlich lange nicht mehr mit A. Hitler nach willigen Empfängern einer intellektuellen Bastonade kaudernden – Titel hob, scheint ein veritabler Trend zu sein. Hollywood kümmert sich um die Görlitzer OB-Wahl! Denn die Sternchen von der Westküste steigen gern in der wundersam unzerbombt gebliebenen und nach der Wende prachtvoll restaurierten Stadt im Osten Dunkelsachsen ab. Nun warnen sie die Eingeborenen: Wenn die Görlitzer Somewheres falsch votieren, suchen sich die Millionäre ein anderes schickes Anywhere zum Filmen, Golfen, Flanieren, Schwätzen und Popowackeln...
Ich nehme an, die Görlitzer werden diesen Brief genau richtig verstehen.
***
Mit einer gewissen Rührung stieß ich beim Spaziergang vom Reichtstag zum Potsdamer Platz auf eine Hans von Bülow-Straße, ein Gässchen nur. Bülow war als Pianist so bedeutend wie als Dirigent, auch wenn er in die Annalen der Musikgeschichte vor allem als der arme Tropf einging, dem Richard Wagner die Frau ausspannte. Es war am 10. Oktober 1853, als Liszt zum ersten Mal seit Jahren seine Tochter Cosima besuchte, in Paris, begleitet von Berlioz und Wagner. Vier Jahre später gab es ein zweites Zusammentreffen, Cosima war inzwischen 19 und hatte soeben von Bülow geheiratet, "dem nichts Besseres einfiel, als seine denkwürdigen Flitterwochen in Gesellschaft Wagners zu verbringen, den er ebenso verehrte wie Liszt", wie Jonathan Carr in seiner Familienbiographie der Wagners notierte.Bülow nahm es seiner jungen Frau übel, dass sie den Komponisten mit ostentativer Kälte behandelte, er entschuldigte sich nach der Reise brieflich für ihr Verhalten. "Wagner müsse Cosima besser kennenlernen, ließ er den verehrten Meister wissen, dann werde er merken, wie 'liebenswürdig' sie doch sei. Wenn es jemanden gab, der Cosima dringend besser kennenlernen musste, dann war es von Bülow selbst" (Carr).
Die Liszt-Tochter verließ das kleine Genie für das große, was Bülow nicht hinderte, für Wagner zu werben und seinem Werk zu dienen. Er saß an der Komposition einer Oper, die sich mit der Merlin-Legende beschäftigte, als er – wir befinden uns im Jahr 1859 – mit der Herstellung des Klavierauszugs für eine andere Oper beauftragt wurde. Die Lektüre des Manuskriptes traf ihn wie ein Blitz, und seine gesamte Schöpferkraft schwand. Das Werk hieß "Tristan und Isolde".
Im Sommer 1862 überflog er die noch unfertige Partitur der "Meistersinger" und stellte das Komponieren ein. Verglichen mit diesem Opus empfand er die eigene Arbeit als "Lappaliendreck" (Puccini wählte ein paar Jahre später für sich den Vergleich "Mandolinenspieler"). Eine Zeitlang trug sich Bülow mit Selbstmordgedanken. Das hinderte ihn keineswegs, auf Wagners Wunsch beider Werke Uraufführungen zu dirigieren.
Bülow galt als einer der größten Pianisten und Dirigenten seiner Zeit. Dass Friedrich Nietzsche Philosoph wurde, hängt mit dem vernichtendem Urteil des Musikfachmannes über dessen Kompositionen zusammen. Von der philologischen Zunft wegen seines spekulativen Frühwerks "Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik" angefeindet, wollte Nietzsche als Musiker bestehen und sandte dem renommierten Wagner-Dirigenten anno 1872 seine "Manfred-Meditation für Klavier zu vier Händen" zur Begutachtung. Bülow reagierte prompt: Diese Musik, schrieb er an Nietzsche, sei "das Unerquicklichste und Antimusikalischste, was mir seit langem von Aufzeichnungen auf Notenpapier vor Gesicht gekommen ist". Ob der Herr Professor, so die gallige Frage des Kapellmeisters, seinen "etwaigen Überfluß an Muße nicht schlechter totschlagen" könne. Nietzsche konnte, stieg vom Katheder, entsagte der Philologie und komponierte fortan auch nicht mehr.
Bülow spielte als erster Liszts h-Moll Sonate, außerdem hatte er sich auf Beethoven spezialisiert und machte dessen letzte fünf Sonaten in Europa bekannt, er gab sie häufig an einem Abend (Eduard Hanslick soll hellauf begeistert gewesen sein, als er ihn 1881 in Wien hörte). Dafür übte er jeden Tag viele Stunden am Pianoforte und kommentierte seine Selbstkasteiung mit den Worten: "Ich kreuzige wie ein guter Christ das Fleisch meiner Finger, um sie, wie es ein Pianist nötig hat, zu gehorsamen, untertänigen Maschinen, zu Geisteigenen zu machen." Geisteigene – ein prachtvolles, ein sehr deutsches Wort.Als Dirigent brachte Bülow Orchester dazu, auswendig zu spielen, er galt als cholerisch, autoritär und brillant. 1876 saß er in Philadelphia bei Tschaikowskys b-Moll-Konzert am Klavier, und der Kapellmeister war einem Bericht zufolge gänzlich überflüssig, "weil Bülow alle Einsätze vom Flügel aus gab; nacheinander verfluchte er den Dirigenten, das Orchester, das Werk und sich selbst".
Legendär wurde Bülows Abschied aus Deutschland. Kaiser Wilhelm II. hatte genug von den Temperamentausbrüchen des Kapellmeisters und kleidete seine Verstimmung in die Worte: "Wenn es jemandem bei uns nicht paßt, soll er sich den Staub von den Füßen wischen." Als Bülow sein letztes Konzert in Berlin beendet hatte, legte er den Taktstock nieder, zog sein Taschentuch heraus und wischte sich damit demonstrativ die Schuhe ab. Dann ging er nach Ägypten, wo er 1894 starb.
***
Als Grüne noch nicht links waren und schreiben konnten, las sich das so:"Die Technik, die man heute im Sinn hat, wenn man von den Wundern der Technik redet, ist nicht wesentlich älter als vier Generationen und hat dessenungeachtet hingereicht, um Dutzende von Stämmen der Primitiven, Hunderte von Pflanzengeschlechtern, doppelt und dreimal so viele Tierarten auf dem Lande, in der Luft, im Wasser vom Antlitz des Planeten zu tilgen. Der Tag ist nicht fern, wo sie alle vertilgt sein werden, soweit man sie nicht zu züchten beliebte zu Schlachtzwecken oder zu Modezwecken, ausgenommen nur die Infusorien und Bakterien. Das Weltall ist für diesen Vertilgungswahnsinn etwas allzu geräumig, die Erde aber, sollte nicht zeitig ein ‚Wunder’ geschehen, wird daran sterben; und die Macht, die einen ganzen Planeten umzubringen imstande war, hätte dann tatsächlich ein Stück ‚Weltgeschichte’ geliefert. – – Die Stunde der Gegenwirkung wurde versäumt, und wir alle, die wir aus leidenschaftlicher Liebe des Lebens so Grauenvolles beweinen müssen, sind ‚letzte Mohikaner’. Wer aber von solchen noch Wünsche zu hegen wagt, müßte nur eines wünschen: daß eine derart Verruchtes vollbringende Menschheit so schnell wie möglich absinke, veraffe, verende, damit um ihre verwitternden und verfallenden Arsenale des Mordes noch ein Mal begrabend, entmischend und sich selber erneuernd der Rausch der Wälder brande."
(Ludwig Klages, Der Geist als Widersacher der Seele, 4. Auflage, München 1960, S. 768)
4. Juni 2019
Finden Sie nicht auch, dass Kevin Kühnert das momentan laufende "Quälodram" (Goethe) in der SPD zum Anlass nehmen sollte, sich für ein Forschungspraktikum ein Jahr lang nach Caracas zurückzuziehen, um dort in Ruhe zu studieren, wie man den Kapitalismus reformiert?
***
Aus der Reihe "Heiße Neuigkeiten von gestern":
***
Apropos heiß und gestern. Beim Aufräumen meiner Festplatte stieß ich auf dieses Foto, welches mir ein Leser anno 2016 zuschickte; es hat nichts von seiner stupenden Gegenwärtigkeit verloren:
Nun wähle!
***
Aus Dresden schreibt Leser ***:
"Ich möchte Sie auf zwei Tatsachen hinweisen, die vielleicht etwas miteinander zu tun haben könnten:Frau Merkel sagt hier, sie bedauere, dass es 'bis heute keine Synagoge, keine jüdische Kita, keine Schule für jüdische Kinder' gebe, die nicht von der Polizei geschützt werden müsse. Nach meiner Beobachtung ist an der Dresdner Synagoge seit etwa drei Jahren keine Polizeistreife bzw. privater Wachdienst mehr zu sehen. Ob es eine technische Überwachung gibt, ist mir nicht bekannt.
Seit der gleichen Zeit spricht sich Pegida vehement gegen den nach Deutschland importierten Antisemitismus aus, und bei jeder Demo ist mindestens eine Israel-Flagge zu sehen. Auch und gerade, wenn Pegida direkt an der Synagoge vorbeispaziert, ist dort kein Bewachungspersonal zu sehen. Warum auch?"
Sie können davon ausgehen, geehrter Herr ***, dass hinter dem Eingang schon ein paar Bewaffnete bei Hummus und Baba Ganoush sitzen. Aber ich gebe Ihnen natürlich insofern Recht, als mir auch von rechtspopulistischen Anschlägen auf Restaurants, Privathäuser oder Polizeistationen, von rechtspopulistischen Demonstrationsblockaden, Hausbesetzerszenen oder Veranstaltungsboykotten nichts bekannt ist. Die rechte Gefahr dräut von anderswo her:
3. Juni 2019
"Aus sieben Bauern kann ich ebenso viele Lords machen, sagte Heinrich VIII., aber aus sieben Lords keinen einzigen Holbein. Aus sieben von der Schule getriebenen Sitzenbleibern kann ich sieben Kunstrezensenten machen, aber aus sieben Rezensenten keinen einzigen Künstler von der Empfindsamkeit und Gewissenhaftigkeit eines, sagen wir zumindest ... Bauern."
Adolf Nowaczynski
(Wobei das Bild Heinrichs, welches uns Holbein überliefert hat, wieder zu den Bauern führt, ein Königsbauer so to say.)
***
"Der Umgang mit der scheidenden SPD-Chefin sorgt im Berliner Politikbetrieb für Entsetzen", schwallt Spiegel online. "Von Scham und Schande ist die Rede."
Scham – genauer: Fremdscham – war mein spontanes Empfinden bei jedem öffentlichen Nahles-Auftritt, vor dem ich Auge und Ohr nicht rechtzeitig in Sicherheit zu bringen vermochte, und eine Schande ist ja das halbe SPD-Personal, von Kahrs bis Schulz und von Maas bis an den Dämel, einschließlich des peinlich parteiischen Phrasendreschflegels Steinmeier – "Nicht der Mensch ist zu klein, das Amt ist zu groß" (Montesquieu) –; ein jeder aus dieser Galerie liefert hinreichenden Gründe dafür, das Lob der Fernbedienung in, sagen wir, Hexameter zu setzen, wobei ich ausdrücklich den großen Humoristen und unbezahlbaren Alleinunterhalter Ralf Stegner von der Schelte ausnehmen will.
"Dass Nahles von den eigenen Parteifreunden aus dem Amt gejagt wurde, sorgt bei vielen Beteiligten für Entsetzen", fährt der Ausgewogenheits-Primus von der Hamburger Relotiusspitze fort. "Juso-Chef Kevin Kühnert schrieb auf Twitter, dass er sich schäme. 'Alles beginnt mit einer einfachen Feststellung: Wer mit dem Versprechen nach Gerechtigkeit und Solidarität nun einen neuen Aufbruch wagen will, der darf nie, nie, nie wieder so miteinander umgehen, wie wir das in den letzten Wochen getan haben.'"
Den Kühnert hätte ich beinahe vergessen. Immerhin hat ihn bereits die Scham erfasst. Nun ist freilich ein Nahles-Abgang nicht nur per se kein Grund zur Klage, egal, ob die Garstige Opfer einer Intrige wurde – so läuft es nun mal, gerade in dieser Schmuddelbranche –, sondern es darf überdies vermutet werden, dass sie über eine Intrige stürzte, die sie selber eingefädelt hat, nämlich die vorgezogene Wahl zum Fraktionsvorsitz. – Parteiensterben von seiner schönsten Seite? Der Aufstieg der Grünen spricht dagegen. Es wird nur ein rotes Antiquariat aufgelöst.
***
Frau Barley hat sich ja rechtzeitig dorthin abgesetzt, wo nach Ansicht von Technokraten, Ideologen und anderer Waschbretthirne "Europa" west. Ich leite zu ihr über, weil ich ein Anekdötchen erzählen möchte. Ich nahm vor nunmehr zwei Sündenjährchen an einem (nichtöffentlichen) Symposium teil, das von einer großen Zeitung veranstaltet wurde und wohin man mich als Quotenpopulisten vorgeladen hatte. Dort saßen überwiegend Professoren, außerdem ein Bundesverfassungsrichter, ein paar Journalisten, und eben Frau Barley. Sie führte damals unter anderem aus, der Kampf gegen Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit gehöre "zur DNA der SPD", woraufhin ich sie fragte: "Sind Sie etwa islamophob, Gnädigste?" Mit allenfalls am leicht geblähten Näschen abzulesender Empörung replizierte Madame, die Frage könne ja wohl nicht ernst gemeint sein, denn was Ernst ist, bestimmen wir! Ich wurde an diesen längst vergessenen Zwischenfall erinnert, weil ich in den vergangenen Wochen in Berlin einen Historiker und einen Journalisten traf, die weiland beide an der Runde teilgenommen hatten und sich spontan, mit nachträglichem Amüsement, an diese Worte erinnerten. Als sie fielen, hatte niemand in der Runde eine Miene verzogen, geschweige frech aufgelacht...
***
***
Verfolgen tut not, das dachten sich auch die Mitglieder des Vorstandes der Leipziger Jahresausstellung e.V. – man verzeihe mir den sozialistischen Genitiv, es ist ein vorgreifender Rückfall –, die geschlossen zurücktraten, weil ein als "AfD-nah" geltender Maler an der 26. Leipziger Jahresausstellung teilnehmen sollte. Dergleichen Rücktritte sind von einer direkten Bettelei um Beförderung schwer zu unterscheiden. Die De- und auch Submissionserklärung endete mit dem Satz: "Der Verein bekennt sich zur Freiheit der Kunst." Die Jahresausstellung wurde im Namen der Freiheit der Kunst abgesagt. 22 Künstler begrüßten in einem offenen Brief die "längst überfällige und ausstehende klare Positionierung gegen Hass und Intoleranz" (Gott, ist das nicht anstrengend, so ein Leben als Papagei?). Der besagte Maler, augenscheinlich und bald wohl auch aktenkundig ein arger Schelm und Spitzbube, trat öffentlich nach:
Er wollte ein Bild mit einem Messer ausstellen! Das kann man weder missverstehen (ganz frisch unrepräsentativ dieses oder jenes Exempel) noch tolerieren. Das ist Willkommenskraftzersetzung!
***
Leser *** macht mich auf eine "schon ältere und in einem ganz frühen 'Merkel-Stadium' geschriebene Merkel-Biographie" aufmerksam – es handelt sich um das Buch "Wem dient Merkel wirklich?" von David Korn, den ich ebenfalls nicht kenne –, worin ein pikantes Zitat von Merkels Vater Horst Kasner zu finden ist. Der schrieb "nach der für ihn so frustrierenden Wiedervereinigung" im Periodikum die kirche, Organ der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg, Nr. 33 (16. August 1992), unter der Schlagzeile "Nichts kann bleiben, wie es einmal war":
"Als Beigetretene leben wir nun mit dem Grundgesetz der alten Bundesrepublik, an eine Neufassung ist nicht zu denken. Allenfalls Ergänzungen und Änderungen wird es geben. Und dabei steht es, wie gesagt, nicht zum besten um die freiheitlich demokratische Grundordnung. Von der Diktatur der Staatspartei befreit, haben wir auf einen demokratischen Aufbruch gehofft und sind nun in einen Parteienstaat hineingeraten, in dem, gemäß Verfassungspostulat, alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, dann aber dorthin nicht mehr zurückkehrt. Wir bemerken nun, wie sich die etablierten Parteien den Staat zur Beute gemacht haben und dass der Staat zum Selbstbedienungsladen für Politiker geworden ist ... Der Parteienstaat der Bundesrepublik, in dem sich die beiden Volksparteien inhaltlich kaum noch unterscheiden, hebt sich eigentlich nur noch durch das Mehrparteiensystem von der Parteidiktatur der DDR ab. In der bequemen Proporzdemokratie wird der Klüngel zum System. Man schanzt sich wechselseitig Vorteile zu."
Und Töchterli heute mittenmang!2. Juni 2019
Die Sonntage immer den Künsten! Wer's noch nicht kennt (ein Freund schrieb mir neulich, wenn er schlechte Laune habe, was derzeit öfter vorkomme, schaue er sich dieses Video an, und schon renke sich alles wieder ein), setzen, genießen: hier. (Diese Grazie! Dieser Artikulationsreichtum! Und diese – ich verkneife mir wenig schmeichelhafte Attribute – Gesichter!)
***"Servus Herr Klonovsky, Monprivato-Barolo und Klingelbeutel ...?!
Sei‘s drum, aber wg. der Grünen Welle hätte es auch eine 2-Literflasche Trollinger getan. Ich als Österreicher habe mich angesichts des Debakels mit einem Grünen Veltliner für 6,99€ betäubt.
Mit freundlichen Grüßen
***"
Servus Herr***, "Klingelbeutel" ist eine nur eine kokette Umschreibung. Ich erbitte nichts, sondern stelle eine angemessene Honorierung meiner Handwerksarbeit anheim. Was der Handwerker mit seinem Geld anstellt, ist seine Sache.Findet, ein Grüß Gott entbietend, Ihr
MK
PS und übrigens: Ich pflog ja ausdrücklich nicht des Frustsaufens, sondern habe auf Salvini getrunken. Da ist ein schmissiger Barolo schon angemessen.31. Mai 2019
Wäre es nicht eine grandiose hegelsche List der Vernunft, wenn nach dem Ende der Freitagsdemonstrationen als deren Resultat und Kollateralnutzen die Atomkraft ein Comeback erlebte?
***
"Politische Provinz fürchtet, kulturelle Provinz feiert alles Fremde. So ließe sich die Endkampflinie des Provinzialismus auf eine Pointe bringen, die dennoch keine Wahrheit wäre. Denn politische Provinz bleibt in ihren Zu- und Abneigungen stets ans konkrete Gegenüber gebunden, sieht sich auf etwas anderes, nicht jenes vage Andere verwiesen, dem die Weltoffenen Land und Gemüt auftun wollen. Ja, selbst der Haß des Provinzlers auf die große Stadt, in der er scheiterte, formuliert sich konkret – als Bekenntnis zum anderen, etwa ländlichen Ort, somit als lokale Gegenwelt. Der pauschale 'Fremdenfeind', der Hasser alles Fremden, ist ein Phantasma aus der Weltoffenheitsprovinz. In der realen Welt lebt und denkt man perspektivisch, abgestuft nach Nähe und Ferne. Die Weltoffenen, mit ihrer Liebe zum Fernsten und ihrem Haß auf den Nebenmann, bezeugen das auf eigene Weise."
Also schreibt der achtbare Jürgen Große im aktuellen Heft von Tumult, in einer Betrachtung unter dem schönen Titel "Weltoffenheit versus Weltläufigkeit".
***
Mit deprimierenden Thesen tritt der Bonner Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff derzeit ins Offene und leider auch Offenkundige. Seiner empirisch gehärteten Ansicht nach schlappt 'schland quietschmunter einer intellektuellen und mentalen Katastrophe entgegen. So wie unsere Gesellschaft bislang organisatorisch, wirtschaftlich und technisch funktioniert habe, werde sie mit dem nachwachsenden Personal nicht fortbestehen können, statuiert Winterhoff im Interview. Die Hälfte der Kinder und Jugendlichen, die derzeit heranwachsen, sei praktisch asozial, ohne Sinn für ihr Gegenüber oder Gespür für Situationen, außerstande, sich zu konzentrieren oder Prioritäten zu setzen. Aus den Betrieben höre er immer wieder, dass Praktikanten oder Auszubildende "keine Arbeitshaltung" besäßen, "die sehen auch die Arbeit nicht, die haben keinen Sinn für Pünktlichkeit, erkennen Strukturen und Abläufe in der Firma nicht, sie können nicht priorisieren, nicht feststellen, welcher Reiz wichtig ist. Das Handy ist ihnen wichtiger als der Kunde, der vor ihnen steht."Ungefähr seit der Jahrtausendwende gehe es talwärts. "Wir haben das Glück, in einer Hochkultur zu leben, die vor 200 Jahren die Kindheit erfunden und sich Gedanken über das Bildungswesen gemacht hat. Diese enorme Psyche, die wir haben, würden wir unseren Kindern automatisch mitgeben, wenn wir in uns ruhen würden, abgegrenzt und klar wären. So war das bis 1995, die Menschen waren viel zufriedener als heute. Hätte man 1990 solche Lernmethoden vorgestellt, mit offen und frei und auf sich gestellt, hätte man die Leute für irre erklärt. Weil man ein Gespür für Kinder hatte und dafür, was für sie gut und wichtig ist."
Die Digitalisierung habe die Menschen verändert, als Kinderpsychiater erlebe er in seiner Praxis, wie wenige Fünfjährige heute imstande seien, eine Schere oder einen Stift zu bedienen. 1995 konnten Viertklässler "noch drei- bis viertausend Wörter richtig schreiben, in schöner Schrift und völlig sicher". Das sei passé. Den Grund habe man aber keineswegs allein in der Expansion virtueller Gewalten zu suchen: "Die Schulen wurden in den letzten 20 Jahren kaputtreformiert, die Lehrer können nicht mehr. Auf die wahren Probleme schaut man nicht." Früher seien die Kinder "lernwillig" und "wissbegierig" gewesen, und "haben auch Dinge gemacht, zu denen sie keine Lust hatten, üben, Hausaufgaben etc. Und heute haben die Lehrer einen großen Teil von Schülern da sitzen, die Kleinkinder geblieben sind und sich nicht haben entwickeln können. Wir haben an den Bedürfnissen der Kinder vorbei ein ganzes Bildungswesen auf den Kopf gestellt." Dessen Umstülpung sei "eine Idee der OECD und von Ideologen gewesen", die via Bildungspolitik "von oben nach unten durchgedrückt" wurde. Heute habe jeder zweite Schulabgänger Probleme, einen Beruf zu finden.
Noch einmal der Kernsatz: Jeder zweite Schüler verharre mental und intellektuell im Kleinkindstadium, das heißt in den Sphären von "Ich will!", "Ich will nicht!", von "Igitt" und "Juhu", von "Schneller!" und "Sofort!", in den Gefilden von Lustprinzip und Leistungszumutungsverweigerung, über all die geistigen Defizite gar nicht zu reden. Das sind die Sozialfälle von morgen, die Mauler und Beschwerdeführer von morgen, die Gewalttäter von morgen – wenn auch das Hirn nicht wächst, die Muskulatur tut es ja am Ende doch – und die Untertanen von morgen, sofern man ihnen hinreichend unterkomplexe Welterklärungen vorkaut, die sie verstehen können, ob in deren Zentrum nun beispielsweise ein alter arabischer Prophet oder eine junge schwedische Prophetin stehen.
"Geliefert wie bestellt", würde Hadmut Danisch kommentieren, und da beginnt die Sache gruselig zu werden. Die Partei, die mehr als jede andere für die Dekonstruktion resp. Demolierung des Bildungssystems sowie die Verramschung des deutschen Humankapitals verantwortlich ist, hat eben über 20 Prozent Stimmen bei der Europawahl bekommen, besonders viele von den Nachwachsenden, mithin eben auch nachwachsenden Debilchen. Bestellt? Keine üble Strategie, wenn’s denn eine sein sollte. Freilich keine besonders "nachhaltige", um einen Lieblingsplapperbegriff dieses Milieus zu strapazieren, aber wer hat geglaubt, dass je ein Grüner über seine Pension hinausdächte?Es ist wenig verwunderlich, dass die Grünen das Wahlalter senken wollen und andere Rote sogar das Wahlrecht für geistig Behinderte fordern. Dazu passt auch, dass neuerdings "Youtuber" als Papageien des gängigen Grünsprechs im Wahlkampf mitmischen. Erst wenn die Dummköpfe, von aller Arbeitserfahrung Unberührten und Nichtsteuerer eine Wahl entscheiden, ist eine linksgescheitelte Demokratie am Ziel.
***Ein Land, in dem der IQ sinkt, wird täglich reifer für eine autoritäre Herrschaft.
***
Zum Vorigen. Pubertäre Halbwüchsige sind gezwungen, schrecklich dumme Dinge zu denken, und sie sind leicht manipulierbar – ich muss mich nur schamhaft des Unsinns erinnern, der mir als Teenager durch den Kopf rumorte und entsetzlicherweise auch immer wieder durchs willige Mundwerk nach draußen drang –, das kann gar nicht anders sein, und während man die juvenilen Spinner und Schwärmer früher zum Waffendienst oder sogar in Kriege schickte, aus denen wiederzukehren meistens mit einem Zuwachs an Realitätssinn verbunden war, derweil die Mädels empfangen, getragen, gekreißt, gestillt und dabei ebenfalls Lektionen in Sachen Lebensernst gelernt hatten, sind heute die Abiturparty und die "Fridays for Future"-Demo die prägenden Erlebnisse (sofern die Eingeborenen unter sich bleiben), aus denen zwar gottlob kein Leid, aber eben auch wenig Belehrung und emotionale Abkühlung resultiert. Und was ehedem der schneidige Feldwebel oder Leutnant war, der die Jugend dressierte und ins Feld dirigierte, ist heute der ganz und gar schneidlose, aber twitternde Politiker geworden. Etwa der Herr Lauterbach von der SPD, welcher die Tagesparole absetzte: "Die Kinder dürfen nicht erpresst werden. Dann muss die Schule den #FridaysForFuture Kindern Ersatzstunden anbieten. Es kann nicht sein, dass Idealismus und politischer Protest zum 'Sitzenbleiben' führen."
Ein Mitglied des Bundestags und einer Regierungspartei, mithin also Gesetzgeber, fordert, dass Kinder während der Schulzeit demonstrieren gehen dürfen müssen, die Schule den Schwänzern aber im Gegenzug Ersatzstunden anzubieten habe. Während der Schulzeit sollen sie demonstrieren, dafür aber in ihrer Freizeit die Schule besuchen. Wie gesagt: Diese Republik wird von den dümmsten Politikern ihrer Geschichte regiert, aber wenn die Freitags demonstrierende Jugend (FDJ)* sich anstrengt, können ihre Engagiertesten dermaleinst gleichziehen.
* Netzfund
***
Noch zum Vorigen."Neu sind nicht die Erwärmungsdaten, sie zeigen keine sensationelle Beschleunigung. Neu ist auch nicht, was grüne Politiker oder Wissenschafts-Aktivisten wie Schellnhuber zu Thema Klimaentwicklung sagen: Sie wählen seit Jahren grundsätzlich die höchsten Prognosen, die pessimistischsten Annahmen, und leiten daraus die radikalsten Forderungen ab. Neu ist tatsächlich der von einem vorgeblich spontan gewachsenen Netzwerk vorgetragene Panik-Ton. Dessen Botschaft lautet: Es bleibt keine Zeit mehr, die Katastrophe steht unmittelbar bevor, es darf nicht mehr diskutiert werden.
Das propagandistische Trommelfeuer – flankiert von der empörten Reaktion, wenn jemand Greta Thunberg und schulstreikende Kinder kritisiert – verschiebt die gesellschaftliche Wahrnehmung im Overton-Window. Bis vor kurzem galt es noch als weithin unakzeptabel oder mindestens radikal zu behaupten, ausgerechnet kollektive Panik und Unterdrückung jedes Zweifels könnte die Lösung eines Problems befördern. Mittlerweile scheint vielen Politikern und auch Bürgern bis weit in die Mittelschicht gerade diese Sichtweise akzeptabel. Oder sie wagen ihre Zweifel nicht mehr öffentlich auszusprechen. Denn wer das tut, kommt in diesem Meinungsklima schnell in den Ruch eines Menschenfeindes, der die Weltrettung sabotiert."
Alexander Wendt schildert, auf welch pfiffige Weise die Grünen ihren anno 1972 zu Rom gekelterten Wein in immer neue, zuletzt gar amerikanische Schläuche füllen.
***
Im Grunde immer noch zum Vorigen.
Ich habe mir zwei Fotos abgespeichert, die ich unter Erste und Zweite Zukunft rubrizieren möchte:
Das eine zeigt die grünen Kandidaten für den Gemeinderat Tübingen, das andere Teilnehmer einer muslimischen Demonstration in Birmingham, die gegen den grüngewaschenen Sexualkunde-Unterricht protestieren. Die grüne Phalanx sandte mir ein Leser mit der Bemerkung zu, dass Weltanschauungen offenbar auch auf das Äußere der von ihnen Befallenen einwirken können (oder umgekehrt?), was hiermit zur Diskussion gestellt sei. Das zweite stammt von dieser Webseite und markiert sozusagen die von unseren Linken und Grünen beflissen beschwiegene dritte Front, deren Etablierung von besagten Linken und Grünen europaweit vorangetrieben wird, obwohl es eine durchaus feindliche ist, denn die Rauschebärte und vollverschleierten Maiden protestieren gegen zentrale Bestandteile der progressistischen Weltreligion: "Du kannst zwei Mütter haben? Du kannst zwei Väter haben? Du kannst ein Junge in einem Mädchenkörper oder ein Mädchen in einem Jungenkörper sein?" liest ein kerniger Kerl vor und statuiert: "Das ist gegen das Wort von Gott! Das ist nicht akzeptabel im Islam!" Und dann folgt ein durchaus bedenkenswerter Satz, den man lange nicht mehr gehört hat: "God created woman for man's pleasure."
Halten Sie also Heerschau, geneigter Besucher meines kleinen Eckladens, und erwägen Sie in Ihrem Herzen, welche Seite den Sieg davontragen wird.
***
Apropos "God created woman for man's pleasure": Die Monatsendfigur ist wieder an der Reihe, und sie möge diesmal, wenn auch zum Lobe Allahs, eine unarabische, genauer: russische Version dieses Satzes illustrieren, gefunden auf Instagram.
Wie stets zum Monatsende macht heute wieder die Kollekte die Runde, mit einem herzhaften "Vergelt's Gott!" an all diejenigen, die während des verstrichenen Umlaufs ihren Obulus entrichteten; alle anderen klicken bitte hier.29. Mai 2019
Freund *** erzählt, während eines Stehparty-Smalltalks habe ihm einmal ein hierzulande halbwegs bekannter Autor, vor allem von short stories, ohne große Umschweife erklärt, er lese ausschließlich zeitgenössische Schriftsteller, die davor interessierten ihn nicht.Ich hätte repliziert, dass ich das genauso sähe, freilich erstrecke sich mein Begriff von Zeitgenossenschaft bis zu Homer und den Vorsokratikern.
(Aber natürlich kann man so einen Trottel auch einfach stehenlasssen.)
***
Formulierungsvorschlag: Heute zündelt er am linken Rand.
***
Wer sich für seine Lektüren Verfasser "auf Augenhöhe" wählt, wird niemals aufschauen, und wer nicht aufschaut, sieht auch die Sterne nie.
***
Am Montagabend hospitierte ich in der ersten Reihe keineswegs bei ARD und ZDF, sondern im Buchhaus Loschwitz zu Dresden einem Gespräch zwischen dem Schriftsteller Uwe Tellkamp und dem CDU-Politiker Arnold Vaatz, der Erstgenannte übrigens Arzt von Beruf, Mathematiker der Letztere, wobei Vaatz bekundete, dass er sich auch eingehend mit der Physik beschäftigt habe, wahrscheinlich eingedenk der kantischen Prämisse, Gedanken ohne Inhalt seine leer, Anschauungen ohne Begriffe blind. Für eine auf Rationalität und Folgerichtigkeit verpflichtete Grundstimmung war also gesorgt. Der Dialog, der eher auf ein Interview hinauslief, bei welchem Tellkamp die Fragen stellte, war die Premierenjause einer Veranstaltungsreihe namens "70 Jahre DDR" (dem kleinen Antifaschisten schwillt sogleich der Kamm, wenn er nur dieses Motto hört, zu dem er doch den trefflichsten Anlass gibt), und naturgemäß kamen die üblichen verdächtigen Themen zur Sprache, was heute nicht interessieren soll (mehr über die Veranstaltung hier); vielmehr will ich ein paar Bemerkungen des Naturwissenschaftlers Vaatz zur Energiewende und zur sogenannten Klimapolitik in gebotener Dränge referieren.Dass die Weltklimarettung eine Ersatzreligion sei, diese Ansicht teilt der CDUler mit vielen auch Nicht-CDUlern, unter anderem dem Betreiber des kleinen Eckladens. Eine solche Religion muss, um Raum zu greifen, die Bedürfnisse zweier Klientelen stillen: die spirituell-sinnsuchenden der Gläubigen und die Machtansprüche der Priester. Idealerweise erscheinen die Klima-Kleriker in der offiziellen Wahrnehmung nicht als Agenten in eigener Sache, sondern als Sinnstifter und Wegweiser – bzw. Sinnstiftende und Wegweisende – einer bedürftigen Gemeinde. Aber ich mag nicht über die Pfaffen räsonnieren, sondern über des Zahlengelehrten Vaatz nüchterne Einsichten, deren eine lautete: Die Kernkraft sei noch lange nicht perdu, im Gegenteil, die Methoden der Wieder- und Weiterverwertung zwischengelagerter Brennstäbe würden immer avancierter, das Atommüllproblem sei technisch bald schon beherrschbar, wovon die Deutschen indirekt profitierten, da ja die Nachbarn, wenn die deutschen Meiler post 2022 endlich abgeschaltet sind, der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, uns ihren Atomstrom zu freilich ihren Konditionen verkaufen können.
Die zweite Bemerkung galt den Minderbrüdern und Barfußschwestern vom Orden des darbenden Weltklimas. Der CDU-Mann versicherte, ja verlangte, eine mit so weitreichenden Eingriffen in Wirtschaft und Gesellschaft operierende Politik wie jene der Energiewende sowie der Kampf gegen das teuflische Kohlendioxid müsse normalerweise unter enormen wissenschaftlichen Falsifikationsdruck gestellt werden, denn sei der Weg erst einmal eingeschlagen und entpuppe sich als ein von falschen Prämissen ausgehender Irrweg, werde der Schaden gen Unermesslich abschwirren. Bekanntlich passiert das Gegenteil, das Geld fließt fast ausschließlich in die Taschen derjenigen Wissenschaftler und Institute, die dem grünen Zeitgeist nach dem Mund reden, und Forscher, die zu anderen Erkenntnissen gelangt sind, werden von der Inquisition 2.0 als Leugner, Ketzer und Satansbraten bepöbelt und stracks exkludiert. Wer eine Brücke baue, die auf zehn Tonnen Last auslegt sei, führte Vaatz aus, der lasse einen Fünfzehntonner probehalber darüber fahren, um ihr mehr aufzubürden, als sie je tragen müsse, denn: Sicher ist sicher. Unsere, um im Bilde zu bleiben, Notbrücke über die Klüfte des CO2-Ausstoßes in die Zukunft des geretteten Klimas wird zwar unter großem Brimborium und endlosen Notwendigkeitsbekundungen errichtet, aber niemand prüft, ob sie ernstlich trägt. Diese Verweigerung, bemerkte Vaatz, demonstriere nach seiner Ansicht vor allem die enorme Unsicherheit der Retter über die Stichhaltigkeit ihrer eigenen Doktrin. (Freilich: Es glaubt auch kein Protestantenfunktionär mehr an jenen Gott, dem zu dienen er fingiert, und der Herr nährt sie alle via Kirchensteuer doch.)
Wieder einmal spielt die deutsche Führung va banque. Aber dieses Motiv, geneigter Leser, kennen Sie längst zur Genüge.
Und eine weitere Feststellung des achtbaren Herrn Vaatz sei hier ebenfalls in der Auslage platziert. Die westdeutschen Linken, so der DDR-Bürgerrechtler, hätten 1989 mit der deutschen Wiedervereinigung, die in ihren Heilsplänen nicht vorgesehen war, eine schwere narzisstische Kränkung erlebt, die Geschichte hatte eine Volte geschlagen, die für sie unvorstellbar war und von Kräften bewerkstelligt wurde, die für einen strammen Linken mausetot zu sein hatten. Die Linken standen damals auf der falschen Seite – und jetzt lägen sie mit ihren Plänen neuerlich falsch, ob bei der Weltklimapanik, der Migrationsbeschleunigung oder der Idee, aus den europäischen Nationen die Vereinigten Staaten von Europa zu modellieren. Die nächste schwere narzisstische Kränkung droht, einstweilen noch durch ein Gebet an oder mit Greta therapierbar. Aber diese Droge wird sich erschöpfen. Und was dann kommt, kennen wir ja: Wut, Hass und Hetze.
***"Sehr geehrter Herr Klonovsky, Bezug nehmend auf Ihren Eintrag vom 21. Mai, welcher die Begriffe 'Systemparteien', 'Altparteien' und 'Kartellparteien' zitierend verwendet, sei zu letzterem gesagt, dass dies ein in der Politikwissenschaft feststehender ('cartel party') und spätestens seit 1995 eingeführter Begriff genannt werden kann. Er beschreibt einen generischen (Zwischen-)Stand der in Demokratien vorzufindenden Organisationsform ’Partei‘ in einer Abfolge von vorangegangenen Entwicklungen, deren wesentliche Merkmale diese sind:
– evolvierend seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts
– unterlegt vom Berufpolitikertum, daher in höchstem Maße anfällig für die Determination politischer Willensbildungsprozesse durch individuelle Karrierekalküle
– finanziell rekursiv durch den Staat alimentiert, daher verschlossen ggüb. neuen Parteien/Ideen
– potentiell orientiert am Machterhalt denn an aktiver, strategischer Lenkung
– priviligierter Zugang zu Massenmedien
– eher staats- denn Gesellschafts(gruppen/-willen) repräsentierend
Die Rezeption der o.g. Sichtweise in der bundesrepublikanischen Politikwissenschaft kann eher dürftig genannt werden, da diese stärker als in anderen (europäischen) Ländern an den aktiven Politikbetrieb angebunden scheint.
Sollten o.g. Erkenntnisse auf Ihre Website einfließen, so bin ich auch gerne Leser *** 🙂"27. Mai 2019
Vive la France! Felix Saxonia! Brava Italia! Ex Hungaria lux! Jeszcze Polska nie zginęła! O Lord, our God arise/ Scatter her enemies/ And make them fall;/ Confound their politics,/ Frustrate their knavish tricks. Allons enfants de la Patrie!
***
Lieber Sklave als tot!
(Medienpolitischer Leitsatz)***
Ab 13. Juni in jedem wohlsortierten Buchladen:
***
Gestern Abend, als ich auf das Wohl von Matteo Salvini eine Flasche Monprivato-Barolo leerte, flagellierte ich mich gleichsam kontrapunktisch mit einer Netz-Recherche nach der – rein numerischen – Größe der grünen Parteien in Europas Parlamenten, und wenn ich nichts übersehen habe, gibt es auf dem seiner Erstürmung entgegenseufzenden greisen Kontinent nur ein Land, in dem eine solche Partei in den Gefilden der Zweistelligkeit herumgaunert*. Die Deutschen, die ewigen Geisterfahrer Europas! Ich hatte lange gewähnt, die DDR sei das Satyrspiel zur Tragödie des Dritten Reichs, das Drama sei 1989 zu Ende gespielt gewesen, doch das war ein Irrtum, die DDR war bloß ein Intermezzo, das man zu streichen vergessen hatte; das Satyrspiel läuft eben erst, und die Rollen der aggressiven Kriminellen haben autoaggressive Kretins übernommen. Jede fünfte Kartoffel ist spitz darauf, ihr Seelenheil bei den Quietsch-Tetzels zu erkiesen, speziell solche mit ökologischen Fußabdrücken in Yeti-Format aus noch nicht diversifizierten Großstadtbezirken. Oder ob es tatsächlich da draußen Leute gibt, die glauben, sie retteten das Weltklima, wenn sie ein Kreuz bei Ska Keller setzen? Nun, liest man, werfen die Teletubbys Lose, wer unter ihnen für das Kanzleramt kandidieren soll. Aus der Dauer der Talfahrt lässt sich ermessen, wie weit oben sie begann, ohne dass ich eine Prognose wagen möchte, in welcher Teufe die Sause endet. Vom deutschen Tiefsinn ist nurmehr noch die Lust auf jede Art Talsohle übriggeblieben. Wem es nicht schnell genug geht, der möge sich erinnen, dass die tumben Braven sogar 1944, als ihre Städte in Schutt und Asche gelegt wurden, in endsiegsdurchglühter Treue zu ihrer bizarren Führung hielten.
* Leser *** weist mich darauf hin, dass die Grünen bei den Europawahlen in weiteren elf Ländern zweistellige Ergebnisse erreicht haben, darunter Großbritannien, Frankreich, Belgien, Österreich, Finnland, Schweden, Benelux. Meine Spontanrecherche in der Wahlnacht galt dem Status quo in den jeweiligen Landesparlamenten, wo die grünen Parteien in erfreulicher Kleinheit wesen, aber diese Europawahl ist durch die Derwische der Klimanotstandspropaganda tatsächlich so massiv beeinflusst worden, dass die Deutschen zwar immer noch als die närrischsten, indes keineswegs einzigen Geisterfahrer gelten dürfen.
Nachtrag eins von Leser***:"Das ist vom gleichen Kaliber, wie der immer wieder publizierte Vorwurf, die Deutschen hätten 'weggesehen'. Was bitte, hätten sie tun sollen? Bereits ein Witzchen über den Gröfaz reichte für das Todesurteil. Und jene, welche im Sportpalast aus Überzeugung brüllten oder der Suggestion erlagen, waren nicht 'das Volk'. Nicht aufzugeben war wohl eher der begründeten Furcht vor den rachedurstigen Siegern, als der Treue zum Führer geschuldet."
Nachtrag zwei von Leser ***:
"Der deutsche General Hermann Balck, der bis zum Kriegsende einen Teil Österreichs hielt, berichtet in seinen Memoiren, dass die regelmäßige Überprüfung der Feldpost ergab, dass noch im April (!) 1945 etwa 60% seiner Soldaten darauf vertrauten, der Führer werde die Sache irgendwie schon hinbekommen.
Na dann. Viel Spaß im Klima-Endkampf."
Nachtrag drei als Nachtrag zum Nachtrag zwei von Leser ***:
"Balck bekam die Kampfmoral seiner Unterbefehlshaber regelmäßig durch instant-Erschießungsbefehle ohne Standgericht hin. Seinem Zahlen-Erinnerungsvermmögen über 36 Jahre sollten Sie nicht trauen. Vermutlich schrieben im April 1945 nur noch wenige Soldaten Briefe 'aus dem Rückzugsfeld', denn es gab keine funktionierende Post mehr für die abgeschnittenen Truppen. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der demoralisierten Soldaten nichts mehr 'glaubte', sondern nur noch hoffte, den Krieg zu überleben. Von der restlichen deutschen Bevölkerung ganz zu schweigen. Aber derartige Geschichtserinnerung ist heutzutage aus der (westdeutschen) Mode der Nachgeborenen gekommen. Ich habe die Einnahme meiner Geburtsstadt Langensalza (Thüringen) durch US-amerikanischen Panzertruppen am 10. April 1945 'live' erlebt. Den etwa 100 anrollenden US-Panzern standen am Stadtrand zwei Dutzend 'Volksstürmer' und 'Hitlerjungen' mit Panzerfäusten in eilig gegrabenen Schützenmulden gegenüber. Auf die erste abgeschossene Panzerfaust reagierten die Amis mit gnadenlosem Beschuß aller Häuser am Stadtrand (in einem hockte ich mit meinen Eltern im Keller). Nach einer halben Stunde 'Gegenwehr' verdrückten sich die 'Führervertrauensseligen', so schnell sie ihre Beine trugen. Und an allen Häusern der Stadt hingen flugs weiße Bettlaken als Zeichen der Unterwerfung.'Nearer to Thee, my God' ist der angemessene Gruß des Tages."
***
Man sollte auf seine späten Tage nicht allzu lange mit Leuten Konversation treiben, die keinen Sinn für das alte Europa und sein Verschwinden besitzen.
***
"Wer Strache für eine Art politischen Freak hält, verkennt die 'chronique scandaleuse' so mancher gestandenen Demokratie in Europa", schreibt Leser ***. "Ich will hier gar nicht von Strauss und Brandt (Suff, Weibergeschichten, Weigerung, aus dem Bett zu kommen und zu regieren... das sind Petitessen) anfangen. Schauen Sie sich doch bitte einmal den Fall Tom Driberg an. Das war in den 50iger Jahren ein Labour-Politiker, der sich mit Schwerstkriminellen (Kray-Brothers) einliess, Sex-Parties sogar in Pausen von politischen Veranstaltungen abhielt (dazu liess er sich öfters Strichjungs aus dem Londoner East End kommen, stellte sie in einer Reihe auf und trank ihr Sperma; er sagte, er brauche dies zur nervlichen Erholung), Tobsuchtsanfälle bekam, wenn bei einer Rede nicht eine Flasche seines Lieblingswhiskys unter dem Podium stand, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für den KGB arbeitete.Anstatt dies zu skandalisieren (Homosexualität war übrigens damals in GB noch strafbar; Spionage für den KGB war auch nicht so gern gesehen), war der Mann bestens befreundet mit der Schickeria, z.B. mit Evelyn Waugh, Aleister Crowley, Edith Sitwell, und vielen anderen, darunter die sog. 'Cambridge Five'. Zeitweise war er sogar im Labour-Vorstand.Das ist der Stoff, aus dem Skandale sein sollten.Und Driberg ist nur ein Beispiel."
***
Sensationell: Vier Millionen dislike-Daumen! Ist das der youtube-Rekord, auch auf der anderen Seite?22. Mai 2019
Es wächst zusammen, was zusammengehört:
(Ich danke Leser *** für die Fotos.)
***
Der Begriff "Zivilisationsbruch" ist im öffentlichen Gebrauch gemeinhin auf die Shoa beschränkt. Es gibt aber auch andere, unscheinbare Zivilisationsbrüche, gewissermaßen Haarrisse im zivilisatorischen Gefüge. Ein solcher geht nunmehr von einem Ort aus, der bislang als exemplarisch für den freien westlichen Geist galt: von der Harvard Universität.
Welt online meldet: "Am Morgen des 25. Februar 2019 fand die Universitätspolizei von Harvard an den Wänden des Winthrop House mehrere Graffities. Die Parolen richteten sich gegen den Dean des Wohnheims, Ronald S. Sullivan, Professor für Strafrecht an der Harvard Law School. 'Nieder mit Sullivan', stand auf einer Eingangstür, an anderer Stelle fanden sich die Sprüche 'Unser Zorn ist Selbstverteidigung' und 'Dein Schweigen ist Gewalt', schließlich die Frage: 'Auf welcher Seite stehst du?'"
Der Harvard-Strafrechtler, übrigens der erste schwarze Dekan der Universität, hat als Anwalt die Verteidigung von Harvey Weinstein übernommen. Die Studenten, die gegen ihn protestieren und seine Absetzung verlangen, sind künftige Juristen. "Der erfahrene Strafverteidiger Robert Sullivan hat den amerikanischen Präsidenten Bill Clinton und den wegen Doppelmord angeklagten Football-Star Aaron Hernandez, aber auch die Familie von Michael Brown verteidigt, jenem Einwohner von Ferguson, dessen Tod durch Polizeischüsse die Black-Lives-Matter-Bewegung ausgelöst hatte. Die Reihe zeigt in ihrer Bandbreite, was das Wesen des Anwaltsberufs ist: Er ist die fleischgewordene Unschuldsvermutung, die vor der Feststellung der Schuld für jeden Menschen gilt, ob er nun Mitleid oder Abscheu auslöst, ganz oben oder ganz unten steht", schreibt die Welt.
Sind die Forderungen der Studenten schon skandalös genug – im Grunde müsste man diese amoralischen Wegelagerer wegen grotesker Nichteignung für den von ihnen angestrebten Beruf, zumindest außerhalb von Diktaturen, kurzerhand der Uni verweisen –, besteht der eigentliche Skandal darin, dass die Universitätsführung vor den Forderungen des präakademischen Mobs einknickte und Sullivan als Dekan absetzte. Begründung: Er sei nunmehr "unhaltbar".
Zwei Säulen des abendländischen Rechtsverständnisses sind hier nicht nur mit Gesinnungsdreck beschmiert, sondern beschädigt worden: die Unschuldsvermutung (in dubio pro reo) und das damit eng zusammenhängende Recht eines jeden Delinquenten auf anwaltlichen Beistand. Der Teufel, der Mörder, ja auch der Massenmörder haben das Recht auf einen Anwalt, und jener hat wiederum das Recht, sein Amt auszuüben, ohne mit Tat und Täter identifiziert zu werden. Wer den Anwalt einzuschüchtern und mit dem Delinquenten in Sippenhaft zu nehmen versucht, kehrt auf das vorzivilisatorische Niveau von Hetzmeute und Lynchmob zurück. Daneben ist die causa Strache ein Vogelschiss. In einer der angesehensten Bildungsstätten der Welt wird dem Rechtsstaat der Krieg erklärt, von jungen Menschen, die ihn künftig repräsentieren sollen. Und sie bekommen recht! Wofür, wenn nicht für diesen Vorgang, ist der Begriff Skandal angebracht?
"Wie linksversifft ist eigentlich Harvard?", fragt, in der Wortwahl geradezu weizsäckerhaft zurückhaltend, dieser Blogger, zitiert drei lesenswerte Kommentare zu der Meldung und resümiert: "Nicht nur Deutschland schafft sich ab, der gesamte Westen geht baden. Die grossartigste Kultur aller Zeiten erdrosselt sich gerade selbst…"
So sieht es aus.
***
Noch zum Vorigen, apropos linksversifft und Amerika: Ein Verlag in Übersee versieht die Schriften von Kant jetzt mit einer Warnung vor Risiken und drohenden Nebenwirkungen der Lektüre: "Dieses Buch ist das Produkt seiner Zeit und reflektiert nicht die gleichen Werte, die es reflektierte, würde es heute geschrieben. Eltern sollten mit ihren Kindern diskutieren, wie sich die Ansichten zu Rasse, Gender, Sexualität, Ethnizität und zwischenmenschlichen Beziehungen verändert haben, bevor sie ihnen erlauben, dieses klassische Werk zu lesen." (Mehr hier.)
Kant hatte noch nicht einmal Georg Lukács auf seiner Proskriptionsliste, aber jede Revolution, natürlich auch die kulturmarxistische, frisst ihre Kinder, irgendwann gibt es auch Lukács mit Beipackzettel, worauf steht, dass er ein white supremacist gewesen ist, der alle afrikanischen, orientalischen, sprachbehinderten und transsexuellen Philosoph*innen links liegenließ.
21. Mai 2019
"Man weiß nie, wann der Tanz losgeht und man sich wieder einen Ring durch die Nase ziehen muß, um nicht aufzufallen."
(Albert Vigoleis Thelen, Anfang der 1950er Jahre auf 1933 zurückblickend)
***
Vorschlag für einen PR-Claim: "Die Grünen. Das bewährte Mittel gegen Heimweh."
***Freund *** weist mich darauf hin, dass der alte weise und leider auch – anders als Beethoven – weiße Goethe, der in der Klassischen Walpurgisnacht Vieles zu schildern und zu assoziieren weiß, dortselbst sogar der Kanzlerin höchstherziges "Nun sind se halt da" vorformuliert hat; sollte unsere Fremdenführerin womöglich erstmals bei einem Zitat aus dem Bildungskanon derer, die schon länger hier leben, ertappt worden sein?
Chor der Pygmäen (!):"Haben wirklich Platz genommen,
Wissen nicht, wie es geschah,
Fraget nicht, woher wir kommen,
Denn wir sind nun einmal da!
Zu des Lebens lustigem Sitze
Eignet sich ein jedes Land;
(...)
Doch wir finden's hier zum besten,
Segnen dankbar unsern Stern;
Denn im Osten wie im Westen
Zeugt die Mutter Erde gern."
(Vers 7606ff.)
***
Sollte Familien- und Frauenministerin Franziska Giffey, SPD, zurücktreten, wenn sie den Doktortitel verliert?, fragt die BZ. Wenn sie ihren Titel verliert, woran niemand zweifelt, dann deshalb, weil sie gestohlen hat (oder ihr Ghostwriter, das ist in diesem Falle einerlei), nämlich fremder Leute geistiges Eigentum. Wer stiehlt, ist ein Dieb bzw. Sozialist. Ein Dieb müsste normalerweise sein Amt niederlegen. Ein Sozialist indes muss nicht nur nicht, er wird sich hüten! (Mehr und Tieferschürfendes dazu hat Alexander Wendt hier niedergeschrieben.)
***
Heute morgen fand ich in der Mailpost diesen Anruf des Guten und Edlen, das man das Menschliche nennt, obwohl es gut ist und edel:
Wahlalternativensterben von seiner schönsten Seite, um einen deutsch-türkischen Schelm als Eideshelfer aufzurufen. Helau!
***
Den "System-" (A. Hitler) oder "Altparteien" (Cl. Roth), die der AfD-Vorsitzende J. Meuthen "Kartellparteien" nennt, was er weiland im Stuttgarter Landtag sehr anschaulich mit einem Vergleich aus seinem Fach, der Ökonomie, begründete, wo von Kartellbildung gesprochen werde, wenn sich mehrere Unternehmen gegen einen Mitbewerber zusammenschlössen, diesen Parteien also, vom Betreiber des Eckladens am liebsten aus Ostalgie und Dallerei "Blockparteien" geheißen, geht, wie man sagt, ziemlich die Muffe, weniger weil der Oppositionspartei bei der EU-Wahl bedrohliche Zuwächse prophezeit werden (so schnell schießen die regierungsfrommen Deutschen nicht, außer vielleicht im Herbst bei den Landtagswahlen zu Sachsen, dort könnte es vergnüglich werden), sondern weil sie ja selber wissen, welche Zerstörungen des buchstäblichen sowie des Humankapitals der Deutschen sie in 13 Merkeljahren angerichtet, beklatscht oder zumindest geduldet haben.
Ich liste hier einfach ein paar repräsentative Meldungen, die heute morgen noch in meinem Mailfach lagen:Großholbach> In einer Kleinstadt im Westerwald drangen unbekannte, aber keineswegs unzuordenbare Täter in eine Kirche ein und hinterließen dort, neben Urinlachen, "eine Spur der Verwüstung" (hier).
Kirche im Westerwald geschändet: Unbekannte randalieren und urinieren auf Bänke
Großholbach. „Das tut weh. Das sind Werte, die einfach mit den Füßen getreten werden“, zeigt sich Michael Kohlhaas schockiert. Großholbachs Ortsbürgermeister kann am Sonntag immer noch nicht fassen, was da in der Nacht von Freitag auf Samstag in seiner Gemeinde passiert ist. Bisher unbekannte Täter sind in die Kirche Heilige Dreifaltigkeit in der 990-Seelen-Gemeinde eingebrochen und haben dabei eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Für Rhein-Zeitung.de arbeiten täglich mehr als 140 ausgebildete Redakteurinnen und Redakteure. Ihre Arbeit ist auch urheberrechtlich geschützt. Professioneller Journalismus hat einen Wert und damit einen Preis! Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass wir redaktionelle Inhalte nicht kostenlos zur Vervielfältigung freigeben. Als Einzelkäufer haben Sie jedoch (bezahlten) Zugang über folgenden Link: https://www.rhein-zeitung.de/region/aus-den-lokalredaktionen/westerwaelder-zeitung_artikel,-kirche-im-westerwald-geschaendet-unbekannte-randalieren-und-urinieren-auf-baenke-_arid,1977088.html
> In Offenburg schlug und trat ein bewegter Neubürger anlasslos und angeblich unter "Allahu akbar"-Rufen auf einen schwerkranken Rentner ein, "auch dann noch, als der bereits am Boden lag. Er zertrümmerte seinem wehrlosen Opfer den Schädel. Der krebskranke Senior verlor dabei sein Augenlicht auf der linken Seite. Er liegt nach wie vor auf der Intensivstation, ist nicht ansprechbar" (hier). Nach einigem Hin und Her entschieden sich die sogen. Sicherheitsbehörden, den einschlägig polizeibekannten Schutzsuchenden dem Risiko eines Gefängnistraumas und erneuter Flucht auszusetzen.
(Man hat sich an solche Meldungen, deren jede einzelne längst ausreichen müsste, damit die dafür verantwortliche Übergeschnappte endlich ihre Demission einreicht, derart gewöhnt – wie an dieser Stelle am 16. Mai ausgeführt: Schutzsuchende haben hierzulande bereits mehr Menschen umgebracht als Honeckers Grenzschützer –, dass sie allenfalls noch unter "Vermischtes" laufen; Sondersendungen gäbe es nur, wenn ein deutscher Neonazi einem unverhofft Hereingeschneiten den Schädel einschlüge. – Madame, langweile ich Sie? Ich wäre untröstlich!)
> Obwohl zwei afghanische Totschläger jeweils zu über einem Jahr Gefängnis – ohne Bewährung! – verurteilt wurden, rastete ein Bruder des willkommenskulturell unglücklich zu Tode Gekommenen im Gerichtssaal aus. Die Schwestern indes verhielten sich so, wie die Bundesregierung es wünscht: Sie weinten (hier). Nun müssen sie nur noch den Kampf gegen diejenigen rassistischen Hetzer aufnehmen, denen solche unglücklichen Einzelfälle ein gefundenes Fressen sind.
> "Versorgungskosten für Flüchtlinge steigen auf Rekordhoch", hetzt das rechte Krawallblatt Junge Freiheit mit Zahlen der Bundesregierung. Laut dem Regierungsbericht über die "Flüchtlings- und Integrationskosten" betrugen sie im vergangenen Jahr 23 Milliarden Euro. 7,9 Milliarden wurden für die "Bekämpfung der Fluchtursachen" ausgegeben, ohne dass jemand die Hauptursache in der Willi-Brandt-Str. 1, Berlin-Mitte, auch nur scheel aus der Nähe ansah. Hartz-IV-Zahlungen für Asylbewerber sollen über vier Milliarden Euro ausgemacht haben.
> "Das 4600-Milliarden-Fiasko – Eine hochkarätige und politisch unverdächtige Studie entlarvt den süssen Traum der Energiewende als ökonomischen und ökologischen Albtraum. Doch was nicht sein darf, kann nicht sein" (hier). So etwas erfährt Deutschdödel nur aus dem Schweizer Westfernsehen. Die Zürcher Weltwoche ist zur Strafe vor kurzem von Faschisten auf der Suche nach dem "Anti-" attackiert worden.
Diejenigen, die solche Zustände, in denen dergleichen Meldungen zum normalen Hintergrundrauschen gehören, zu verantworten haben, wollen nicht, dass die Opposition gewählt wird. Würde ich an ihrer Stelle auch nicht wollen. Alle Hysterie und alle Drohungen, die wir gerade erleben, vom CO2-Flagellantentum über die Oppositionsschmähung auf allen Kanälen bis zur Ibiza-Stasi und den Facebook-Sbirren, sind Symptome der wachsenden Panik eines Establishments, in dem die Angst umgeht, dass ihm die Rechnung präsentiert wird für die Folgen der von ihm mitgetragenen Politik, weshalb auch schon unser aller begabter Bundespräsident davor warnt, an Verschwörungstheorien zu glauben, die behaupten, es gäbe eine intendierte Politik und Menschen, die dafür verantwortlich seien. Wie sagte der schnuckelige Donald in Übersee: It's payback-time! "Ich freu mich drauf!" (KGE)
***Spiegel online berichtet über irgendeine Plauderrunde der deutschen Parteivorsitzenden zur Europawahl und schließt:
Der beste Ort, an dem man auf diesem Planeten leben kann, das mag – noch – der Fall sein, freilich arbeiten die EU-Eliten hart an der Afrikanisierung, Islamisierung, Deindustrialiserung, kurzum: Bananenrepublikanisierung der europäischen Länder. Europa sei das Beste, was Europa je geschaffen hat – das kann nur die Grüne oder die Rote gesagt haben; ich schlage vor, die beiden lassen es sich dorthin tätowieren, wo andere ein sogenanntes Arschgeweih tragen. Europa als Selbstverständlichkeit und Wunder? Wunder: ja. Aber eben nicht selbstverständlich. Eine Heimat, in der es uns noch nie so gut ging wie heute, ist erstens, was die BRD betrifft, gelogen, und zweitens ziemlich tollkühn aus dem Munde von Leuten, die durch ihre Poiltik der Entgrenzung den Europäern die Heimat Stück für Stück nehmen. Und so weiter. Was zuletzt die "Zweckgemeinschaft" betrifft: Da hat offenbar der AfD-Mann nun selber die EU mit Europa verwechselt.
"Was bedeutet Europa den Parteichefs ganz persönlich? Hier wurden die unterschiedlichen Positionen noch einmal deutlich. Europa als...
– bester Ort, an dem man auf diesem Planeten leben kann.
– das Beste, was Europa je geschaffen hat.
– Selbstverständlichkeit und Wunder.
– Heimat, in der es uns noch nie so gut ging wie heute.
– Garantie für Werte und Wohlstand in einer Welt im Wandel.
– Zweckgemeinschaft."
"Man merkt auch bei anonymisierten Antworten, wer wofür steht – und wer gegen die europäische Idee", resümiert Spiegel online. "Wobei man auch da sehr vorsichtig sein sollte, ganz schnell mit einem Urteil dabei zu sein."
Ich will gebotenerweise noch einmal wiederholen, was die genuin europäische Idee ist. Es ist die Idee des Individuums. Sie wurde geboren in Griechenland, wo uns im Menschheitsfrühling der Antike erstmals das europäische Individuum entgegentritt. Sie lud sich auf mit der christlichen Verkündigung, dass jeder Mensch eine unsterbliche Seele besitzt. Sie verschmolz mit dem römischen Recht, das die Institution des Eigentums verkündete, ohne die es keine Freiheit geben kann. Die Rechtsordnungen, die ab der frühen Neuzeit auf dem europäischen Kontinent galten, darf man bis heute getrost als römisches Recht bezeichnen. Die Idee des freien Individuums erblühte in der italienischen Renaissance, und sie erhielt ihr philosophisches Fundament durch die Denker der Aufklärung. Das waren überwiegend Franzosen, Engländer* und Deutsche. Die Individualisierung des Menschen, seine Befreiung zum selbstbestimmten Leben, ist ein gesamteuropäisches Projekt. Und es wurde ab dem 18. Jahrhundert zum europäischen Exportschlager.
Mit der zentralistischen, vormundschaftlichen, den Plänen der Globalisten entgegenarbeitenden EU hat das sehr wenig zu tun.
* Jaja, lieber Leser ***, auch Schotten (Hume, Smith) und Iren (John Toland), ich habe sie kulturunsensibel nur wegen der Sprache in welcher sie aufklärten, unter Engländer rubriziert, aber sie waren ja immerhin brave Untertanen Ihrer Majestät.
***
Apropos: Leserin *** sandte mir folgende dem Geiste der Aufklärung (nicht des Aufklärichts!) verpflichtete Tableaus zu:
Weitere Tableaus – aus Platzgründen verlinke ich – finden Sie hier und hier.19. Mai 2019
In einem geistig gesunden Land ignoriert man Intellektuelle, wenn ihre Theorien in deutlichem Widerspruch zur Realität stehen. In Deutschland ignoriert man die Realität, wenn sie sich nicht den jeweils angesagten Theorien fügt.
***
Die gelehrigen Adepten des kleinen Doktors an der Hamburger Relotiusspitze haben eine großartige Titelstory aus dem Berliner Führungsbunker zutage gefördert. Dem klassischen "Après nous le déluge!" der Madame de Pompadour, die sich noch in die Weltgeschichte hineinmauseln musste, hat die bedeutendste, renommierteste, wichtigste und auf bescheidene Art glanzvollste Frau der Welt ein von empathiebegabten Angehörigen der Wahrheits- und Qualitätspresse verliehenes "Après moi les ténèbres" ("Nach mir die Finsternis" bzw. "baedi alzalam") mindestens gleichwertig beigesellt. Leider fand das politische Testament der Kanzlerin keinen Weg in die Printausgabe des bedeutendsten, renommiertesten, wichtigsten und auf bescheidene Art glanzvollsten Magazins in 'schland. Gottlob hat Jan Böhmermann, der momentan all seine Kräfte für die Rückgewinnung der Ostmark benötigt, mir das Dokument zugespielt. Ich reiche es hier exklusiv nach.
***
Mein politisches Testament.Seit ich 1989 als Freiwillige meine bescheidene Kraft gegen die zweite dem Land aufgezwungene nationalistische Restauration einsetzte, sind nunmehr über dreißig Jahre vergangen.
In diesen drei Jahrzehnten haben mich bei all meinem Denken, Handeln und Leben nur die Liebe und Treue zur Menschheit und zum Klima bewegt. Sie gaben mir die Kraft, schwerste Entschlüsse zu fassen, wie sie bisher noch keiner Sterblichen gestellt worden sind. Ich habe meine Zeit, meine Arbeitskraft und meine Gesundheit in diesen drei Jahrzehnten verbraucht.
Es ist unwahr, dass ich oder irgendjemand anderer in Deutschland den Krieg in Syrien, den Brexit, die Braunkohle, den Verbrennungsmotor und die Wahl von Donald Trump gewollt haben. All das wurde gewollt und angestiftet ausschließlich von jenen nationalistischen Staatsmännern, die entweder völkischer Herkunft waren oder für isolationalistische Interessen arbeiteten. Ich habe zuviele Angebote zur Vertiefung der EU und zur globale Migration gemacht, die die Nachwelt nicht auf alle Ewigkeiten wegzuleugnen vermag, als dass die Verantwortung für den Ausbruch des Rechtspopulismus auf mir lasten könnte. Ich habe nie gewollt, dass die Atomkraftwerke weiterarbeiten und die Migration unter Integrationsvorbehalt gestellt werden muss. Ich habe nie behauptet, dass die multikulturelle Gesellschaft gescheitert sei. Es werden Jahrhunderte vergehen, aber aus den Ruinen unserer Städte und Kunstdenkmäler wird sich der Hass gegen die verantwortliche Kreise immer wieder erneuern, denen wir das alles zu verdanken haben: dem internationalen Rechtspopulismus und seinen Helfern.
Nach einer Energiewende und einer Grenzöffnung, die einst in die Geschichte trotz aller Rückschläge als ruhmvollste und tapferste Bekundung des Weltrettungs- und Buntheitswillens von Menschen, die schon länger hier leben, eingehen werden, kann ich mich leicht von der Stadt trennen, die noch die Hauptstadt dieses Siedlungsgebietes ist. Da die Kräfte zu gering sind, um dem populistischen Ansturm gerade an dieser Stelle länger als bis zum Ende der Legislaturperiode standzuhalten, werde ich nach dem Ende meiner Amtszeit oder etwas früher den Kampf in Brüssel, bei den Vereinten Nationen oder anderswo in Übersee fortsetzen. Außerdem will ich nicht Rechtspopulisten in die Hände fallen, die zur Erlustigung ihrer verhetzten Massen ein arrangiertes juristisches Schauspiel benötigen.
Dass ich Ihnen allen meinen aus tiefstem Herzen kommenden Dank ausspreche, ist ebenso selbstverständlich wie mein Wunsch, dass Sie deshalb den Kampf unter keinen Umständen aufgeben mögen, sondern, ganz gleich wo immer, ihn gegen die Feinde der Globalisierung und der Verwandlung monoethnischer Gesellschaften in bunte, multiethnische weiterführen, getreu den Bekenntnissen des großen Coudenhove-Kalergi.
Aus dem Opfer unserer Kämpfer gegen rechts und aus meiner eigenen Verbundenheit mit ihnen wird in der Weltgeschichte so oder so einmal wieder der Samen aufgehen zur strahlenden Wiedergeburt der internationalsozialistischen Bewegung und damit zur Verwirklichung einer wahren klimaneutralen Menschheit.
Ich bitte Sie, am weiteren Kampf zur Rettung Europas, Afrikas und Amerikas unter Einbeziehung eines seit Jahrhunderten zu diesen Kontinenten gehörenden Islams teilzunehmen. Mögen Sie sich dessen bewusst sein, dass unsere Aufgabe, der Ausbau des Weltstaates, die Arbeit kommender Jahrhunderte darstellt, die jeden einzelnen verpflichtet, immer dem gemeinsamen Interesse zu dienen und seine eigenen Vorteile demgegenüber zurückzustellen. Die Grenzen haben unter allen Umständen geöffnet zu bleiben.
Vor allem verpflichte ich die Führung Europas und die Menschen da draußen im Land zur strikten Einhaltung der Vielfalt und zum unbarmherzigen Widerstand gegen den Weltvergifter, den Rechtspopulismus.
Gegeben zu Berlin, den 18. Mai 2019, 0.05 Uhr
Als Zeugen:Beate Baumann
Volker Kauder
Peter Altmaier
Per skype: Barack Obama
***
Leser *** macht mich auf eine Bemerkung der allerhellsten Kerze auf der Bundestagstorte aufmerksam, die ich – selbstredend – verpasst habe (die Erklärung, weshalb, finden Sie im unten verlinkten Video). Nach einer Rede des Abgeordneten Jürgen Braun, AfD, erklärte die Bundestags-Vizepräsidentin Cl. Roth: "Ich möchte darauf hinweisen, dass hier demokratisch gewählte Abgeordnete sitzen aus demokratischen Parteien und Herr Braun, ich wäre sehr vorsichtig mit dem Zitat 'Altparteien' in diesem Zusammenhang. Aus der allerdunkelsten Geschichte ist dieses Wort zitiert worden immer wieder von Joseph Goebbels, und ich gehe davon aus, dass Sie das nicht zitieren." (hier ab 11.15)
Hitler, Goebbels et al. sprach freilich immer von "Systemparteien". Von "Altparteien" ist indes und wahrscheinlich erstmals in der jüngeren BRD-Parteienlandschaft die Rede in der Präambel des 1987er Bundestagswahlprogramms – der Grünen. Dort lautet gleich der erste Satz: "2,2 Millionen Bundesbürger/innen haben am 6. März 1983 dafür gesorgt, daß im Bundestag eine wirkliche Oppositionspartei vertreten ist, die grundlegende Alternative zum zerstörerischen Kurs der Altparteien zu bieten hat: Die Partei DIE GRÜNEN." Damals bereits mit von der Partie: Frau Roth. Der folgende Redner, ein Sozi und also per definitionem historisch ahnungslos, bedankte sich für die historisch endaufgeklärte Rüge aus dem Präsidium. Wir schließen uns an. Die Bundestagsvizepräsidentin hat bezeugt, sie glaube, dass ihre Partei weiland mit Goebbels-Terminologie in den Wahlkampf gewalzt ist.
Man wird halt schneller zur Altpartei als gescheit.
PS: Es wird noch besser: Frau Roth spricht 2012 in einem Interview selber von "Altparteien" (hier bei 1.23,30). Abgrundtiefe Verlogenheit oder Amnesie?***
Aber die Sonntage immer den Narrenfreien! In letzter Zeit rede ich dauernd von Kretins. Sogar, wenn mich junge Menschen zum Interview bitten. In diesem Falle sollten Sie sich aber ein Glas Wein nehmen und für ein halbes Stündchen in irgendein trauliches Kabuff retirieren, bevor Sie dieses muntere Zwiegespräch anklicken.18. Mai 2019
"Wissen Sie, was Gleichschaltung ist? Dass die Freunde sich gleichschalteten. (...) Es war als ob sich ein leerer Raum um einen bildete. (...) Ich konnte feststellen, dass das unter den Intellektuellen die Regel war und unter den anderen nicht. Und die Geschichte habe ich nie vergessen."
Hannah Arendt
***
Das Imperium schlägt zurück, auf seine Art und Weise: hinterfotzig, schlau, termingerecht. Der österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache ist ihm auf den Leim gegangen. Bei den Blockparteien sind die inviduellen Charakter- und Intelligenzmängel eingehegt, flurbegradigt, unter Kontrolle gestellt. Bei den anarchischen populistischen Mitbewerbern muss immer wieder mit solchen Malheurs gerechnet werden – wobei ich die FPÖ für professioneller gehalten habe –, zumal dort ohnehin viele Depravierte, Freaks und Agents provocateurs ihr Glück versuchen.
Matthias Moosdorf schreibt auf seiner Facebook-Seite: "Was Österreich zeigt, ist eine ganz zentrale Botschaft: die Chance auf Veränderungen, von Korrekturen bis Neubeginn, wird nicht von unseren Inhalten verloren. Im Gegenteil, diese werden kopiert, adaptiert und unter der Hand gelobt. Es ist das Personal, immer wieder das Personal. Es scheitert am Anspruch an unsere selbst gesteckten Ziele, oft auch schon am gesunden Menschenverstand. Das hat weniger mit Weltanschauung zu tun als vielmehr mit Charakter, Intelligenz, einer sittlichen Reife und politischer Weitsicht."
Zugleich rufen Kanzlerin und Bundespräsident zum Kampf gegen Teile der Bevölkerung auf, die Fremdenführerin gegen den Populismus, Steinmeier gegen "Verschwörungstheorien", Letzerer mit den seit einigen Sündenjährchen, je nachdem, ob man bei den Braunen oder den Realroten die Ohren aufsperrte, nicht mehr erlauschten Worten, "der Kampf gegen Desinformation und Verschwörungstheorien" müsse "in Familien, Schulen, Büros und Betrieben ebenso ausgetragen werden … wie in Zeitungsredaktionen, sozialen Netzwerken und Parlamenten".
Nicht nur bei den Populisten ist das Personal problematisch. Der Kretinismus ist pandemisch.
***
Leser *** schickte mir diese Collage:
***
Das Wohnhaus eines Kreistags-Abgeordneten der AfD in Niedersachsen.
Was kommt als nächstes? Beispielsweise dies: Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD in Hannover, Reinhard Hirche, ist am Freitag beim Plakatkleben für die Europawahl von einem Unbekannten mit einem Stein beworfen worden. Anfang des Monats wurde eine AfD-Politikerin, ebenfalls beim Anbringen von Plakaten, in den Bauch getreten. Für "Populisten" ist das Alltag im besten Deutschland, das Merkel und Steinmeier kennen. Wer hier übrigens Zusammenhänge zu deren Reden auszumachen vorgibt, ist ein Verschwörungstheoretiker, und ihm geschieht bei allem, was daraus folgt, recht.
***
Apropos Kretins in der Politik: Nach Ansicht von Frans Timmermans, Vizepräsident und "EU-Kommissar für Bessere Rechtsetzung" – resp. Rechtleitung – und Gedöns gehört "der Islam seit 2000 Jahren zu Europa". Diese Auskunft sollte man mal einigen besonders pingeligen Mohammed-Jüngern zu- oder vorspielen; der EU-Typ behauptet doch tatsächlich, sogar ihre Religion hätten die Europäer erfunden, volle sechs Jahrhunderte bevor Allahs Gesandter sie dem Propheten eingab!
***
Andere sehen das anders, nicht nur im temporären Sinne, aber das sind bloß unaufgeklärte Mehrheiten:
16. Mai 2019
Die Dänin Margrethe Vestager, Mitglied der sozialliberalen Partei Radikale Venstre und derzeit EU-Kommissarin für Wettbewerb, sei "der Popstar der Europäischen Kommision"; Vestager "hat Charisma. Sie sagt einfache Sätze, die zünden. Dabei klingen sie nicht so, als kämen sie aus einem Baukasten für Wahlkämpfe. Sie sind echt. Eine Kostprobe: 'Wenn man etwas verändern will, muss man sich auch selbst verändern.' Oder: 'Europa ist der beste Ort, wo man heute leben kann – vor allem als Frau.' Und: 'Ich denke, dass Europäer ein großes Herz für Flüchtlinge haben.' Das sind feine Nadelstiche gegen den verschwurbelten EU-Jargon, gegen das Bashing von Flüchtlingen und gegen jene Dauernörgler, deren Sarkasmus in allen politischen Lagern zu finden ist."
Schleimt – die taz? Der Süddeutsche Beobachter? Nein, das steht auf der Webseite der Welt. "Spiel'n alle unter einem Leder!" (Baron Ochs auf Lerchenau, Rosenkavalier, Dritter Akt)
Warum, fragt sich der nur maßvoll Übergeschnappte, soll Europa dann ein Herz für Menschen haben, die den besten Ort für Frauen in einen weniger guten verwandeln wollen bzw. müssen?
Dazu passt ein Tableau, welches mir Leserin ***, mit der Bitte um Verbreitung, zusandte. Ich will dem gern nachkommen, freilich nicht ohne den Hinweis, dass es nicht und niemals "die USA" sind, die hier in Verantwortung genommen werden, sondern nur ein gewisser Teil der überseeischen Eliten. Donald Trump mag zwar einen Wirtschaftskrieg gegen "alle Welt" führen, aber in der Schicksalsfrage Europas, der Migration, ist er ein Verbündeter.
***
Noch dazu: "Von den Parteien, mit denen ich rede, will keine die Europäische Union verlassen. Was die wollen, ist ein Europa der Nationen. Es gibt zwei grundlegende Philosophien bei dieser Wahl, und das macht sie für die Bürger so wichtig. Auf der einen Seite steht Macron mit seinem 'Renaissance'-Bündnis, für das er überall Anzeigen schaltet. Sein Ziel entspricht dem Programm der Globalisten: die Vereinigten Staaten von Europa. Deutschland soll so etwas wie North Carolina werden, und Frankreich South Carolina. Nationen als Verwaltungseinheiten einer zentralen Bürokratie. Macron will die Aussenpolitik zentralisieren, er will eine EU-Armee errichten." Weiter mit Steve Bannon in der Neuen Zürcher Zeitung hier.
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Dieselben Leute, die der AfD vorwerfen, sie entsende Kandidaten in ein Parlament, das sie eigentlich abschaffen wolle (was nicht stimmt), wollen ihrerseits den Bundestag abschaffen. Ich wundere mich, dass man es denen so selten unter die Nase reibt. Frau Barley, FRau Kipping-Eckardt, Herr Maas, was stört Sie am deutschen Parlament? Warum soll es verschwinden bzw. zum Regionalparlament ohne Befugnisse schrumpfen?
***
Ebenfalls noch zum Vorigen. Alljährlich veröffentlicht das BKA ein "Bundeslagebild Kriminalität im Kontext von Zuwanderung".
Demzufolge haben "Flüchtlinge" von 2015 bis 2018 234 Menschen ermordet. Das sind, je nachdem, wen man alles einrechnet, ungefähr so viele Opfer, wie Honeckers Grenzschützern zum Opfer fielen.
2018: 430 Straftaten gegen das Leben/ 61mal "vollendet"
2017: 447/85
2016: 385/53
2015: 233/35An der DDR-Grenze kamen offiziell 245 Menschen zu Tode.Im Vorwort zur BKA-Statistik von 2016 heißt es (die Vorworte der folgenden Jahre werden dann in diesem Punkt einsilbiger):
"Grundlage für den statistischen Teil des Lagebildes sind für den Bereich der Allgemeinkriminalität die Daten aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), wobei (mit Ausnahme des Kapitels 'Opfer') lediglich aufgeklärte Fälle betrachtet werden. (…)
Analog der Festlegungen in der PKS versteht auch dieses Lagebild eine tatverdächtige Person als Zuwanderer, wenn sie sich mit dem Aufenthaltsstatus 'Asylbewerber', 'Duldung', 'Kontingentflüchtling/Bürgerkriegsflüchtling' oder 'unerlaubter Aufenthalt' in Deutschland aufhält.
Tatverdächtige mit positiv abgeschlossenem Asylverfahren ('international/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte') werden in der PKS unter dem Sammelbegriff 'sonstiger erlaubter Aufenthalt' erfasst. Sie können im vorliegenden Lagebild nicht berücksichtigt werden, da ihr Anteil an dieser Kategorie nicht beziffert werden kann. Die nachfolgenden Angaben zu den tatverdächtigen Zuwanderern stellen daher nur eine Teilmenge des zu berücksichtigenden Personenkreises dar."
Mit anderen Worten: Die Mord- und Totschlagsbilanz der "Geflohenen" hat jene der Mauerschützen längst übertroffen. Der progressive Teil der Deutschen hatte aber bereits mit den Maueropfern keine Probleme.
***"Sehr geehrter Herr Klonovsky, geistiger Bürgerkrieg – natürlich haben Sie mit dieser Formulierung Recht. Und so wie ich glaube, dass Deutschland verloren ist und von Alliierten nach diesem Krieg wieder aufgebaut werden muss – geistig! –, so sicher bin ich mir, dass unsere Nachbarn im Süden, Osten, Südosten und noch weiter im Süden diesen Krieg nicht verlieren werden.
Erzählen Sie mal einem Italiener, dass er – um des Klimas willen – auf sein Bistecca Fiorentina oder seine Saltimbocca verzichten soll, weil die Fleischproduktion ja energieintensiv ist! Er wird jeden, der diese Zumutung an in heranträgt, als das ansehen, was er ist: ein deutscher Irrer. Dasselbe gilt für die Einschränkung von Urlaubsflügen, etc.. Allenfalls wird der Südländer jene Wink-Bewegung mit dem Handrücken unter dem Kinn machen, mit der man südlich des Vesuv signalisiert: 'Das schert mich einen Dreck!'
Österreicher sind gottseidank ähnlich gepolt wie ihre Süd-Nachbarn – auch hier stehen Genuss und gutes Leben vor Ideologie. Und Schweizer – das sehe ich täglich in meinem Umfeld – glauben unerschütterlich nur an zwei Dinge: an Gott und an die Unzerstörbarkeit ihrer geliebten Nation. Für alle anderen Glaubensbekenntnisse ist man hier kaum offen.
Die Frage stellt sich, welche Verbündeten haben die deutschen Wahnsinnigen noch? Geisteswissenschaftler an amerikanischen, kanadischen, britischen, und französischen Universitäten? Vielleicht. Aber sehr viel mehr Unterstützung von aussen können sie nicht mehr mobilisieren. Trump sei Dank.
Andere Völker sind glücklicherweise viel weniger anfällig für Sektiereritis und Ratiophobie als wir Deutsche – sie verfallen diesen geistigen Seuchen höchstens partiell und zeitweilig. Es muss wohl an unseren Genen liegen, dass wir hier ganz besonders sind. Egal, der Westen wird wohl doch auch diesen Rückfall ins Mittelalter überstehen.
Und in einigen Jahren wird man von unserer jetzigen geistigen Seuche sprechen wie von einem mittelalterlichen Pest-Anfall.
Mit hoffnungsvollen Grüssen,
***"
15. Mai 2019
Neue Formulierungen: Er gab einen Warnstich ab.
Es ereignete sich eine Messerstichelei.
"Oder auch: Beim Messerreinigen hatte sich ein Stich gelöst."
Leser***
13. Mai 2019
Der Sommer naht nicht mehr – er droht.
***Sigmund Freud war ein Entdecker wie Kolumbus oder Alexander von Humboldt, nur dass der Kontinent, den er zu erschließen begann und mit viel unfreiwilligem Humor beschrieb, sich im Innern des Menschen erstreckt. Jüdischer Geschäftssinn überantwortete ihn dann dem Individual- und Abenteuertourismus.
PS: Ob aus der Formulierung "jüdischer Geschäftssinn" nicht "ein Hauch Antisemitismus" dünste, quölle oder stänke, erkundigt sich Leser *** und wäre "sehr beruhigt, wenn Sie mir diese Bemerkung erklären könnten". Puh, es ist schon erstaunlich, dass jede öffentliche kollektive Zuschreibung, außer vielleicht über Nazis, Sachsen und alte weiße Männer, auf einen politisch korrekten Eiertanz hinauslaufen soll. Frage: Gibt es den jüdischen Geist? Ja, gewiss, und die Psychoanalyse ist ein spezielles Produkt dieses Geistes (übrigens schon im Buch Bereschit, also der – bekanntlich jüdischen – Genesis angelegt, nämlich in den pharaonischen Traumdeutungen Josephs). Frage zwei: Gibt es einen jüdischen Geschäftssinn? Natürlich gibt es den, und es existieren viele Beispiele dafür. Deren einer ist die die Psychoanalyse als Geschäft, zumindest in der ersten Generation vorwiegend von jüdischen Therapeuten etabliert (wobei die Therapie die praktische Eigenschaft besitzt, nie enden zu müssen).
Ich fände es ja eher "antisemitisch", beides zu bestreiten, aber da geriete ich wahrscheinlich mit den echten Antisemiten aneinander...
***
In der DDR wurde bekanntlich der Antifaschismus als jene Staatsreligion gelehrt, die den "rotlackierten Faschisten" (Kurt Schumacher) die Legitimation für ihr eigenes totalitäres Treiben verschaffen sollte. Für uns Schüler bedeutete das damals, dass wir mit Lektüren und Filmen traktiert wurden, worin man uns kommunistische Kämpfer präsentierte, die den – aus Inzestscheu stets "Faschisten" geheißenen – Nationalsozialisten und ihren Verbündeten tapfer die Stirn geboten hatten. Von den Mord- und Schandtaten der Roten erfuhr unsereins erst, nachdem Genosse Gorbatschow im fernen Moskau von Glasnost zu reden und der realsozialistischen Klio das Mieder zu lockern begonnen hatte, wovon die Ostberliner Genossen freilich nichts wissen wollten – die Zeitschrift Sputnik wurde von den SED-Vögten wegen ihrer sanften Neujustierungsarbeiten an den historischen Korsettstangen des Ostblocks sogar verboten.
Ich hatte bis dahin von Stalins oder gar Maos Verbrechen nur allervageste Ahnungen, und man kann nicht behaupten, dass im Westfernsehen davon groß die Rede war. Ich wusste nicht oder tat es als Propaganda ab, dass die Kommunisten auch ihre eigenen Leute hekatombenweise hingerichtet hatten. Am Übelsten fand ich freilich, dass sogar im spanischen Bürgerkrieg die Exekutionskommandos hinter den Linien umgingen, um denjenigen Kämpfern, die von der reinen stalinistischen Lehre abweichende Ideen im Kopf trugen, ungerührt in denselben zu schießen, wobei spätere Parteihistoriker die Ermordeten ähnlich ungerührt den Franco-Leuten ins Kerbholz schnitten. (Noch heute habe ich den Schauspieler Horst Schulze vor meinem inneren Auge, wie er in der letzten Szene des DEFA-Filmes "Hans Beimler, Kamerad" durchs Zielfernrohr eines Scharfschützen der Falange läuft, wo es doch weit wahrscheinlicher ist, dass Beimler von seinen eigenen Leuten ins Reich der Freiheit vorausgeschickt wurde.)Das war jetzt vielleicht ein bisschen zu viel des Vorgeplänkels, aber mit dem Hinweis auf gewisse Unvergesslichkeiten aus propagandadurchwirkten Schuljugendtagen bin ich immerhin bei der Sache und kann auf eine Szene aus dem Theaterstück "Professor Mamlock" von Friedrich Wolf überleiten, welche sich mir offenbar ebenfalls nachhaltig eingeprägt hat; ein Hirnschwamm, den Dr. Alois Alzheimer anno 1906 erstmals der Forschung zugänglich machte, wird eventuell dermaleinst entscheiden, wie lange noch.
Das Stück schrieb der Arzt und Kommunist Wolf, dessen Spross Markus später die legendäre Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung, also die DDR-Auslandsspionage leitete, im Jahr von Hitlers Machtergreifung im Exil. Die literarische Qualität des Werkleins ist hier nicht Thema. Professor Mamlock wird 1933 als chirurgischer Chefarzt einer Klinik entlassen, weil er Jude ist (also abwechslungshalber mal kein Kommunist, aber sein Sohn ist einer). Ein einflussreicher Bankier, der für eine dringende Operation in die Klinik eingeliefert wird, besteht aber darauf, von Mamlock behandelt zu werden. Da der Professor im Weltkrieg als Frontsoldat dem Vaterlande gedient hat und ein neues Gesetz jüdischen Kriegsteilnehmern die Arbeit in öffentlichen Institutionen erlaubt, darf er an die Klinik zurückkehren.
Dort legt ihm sein einstiger Assistenzarzt und nunmehriger Chef, Dr. Hellpach, ein Papier zur Unterschrift vor, in dem die Entlassung aller anderen jüdischen Mitarbeiter verfügt wird. Mamlock protestiert, beruft sich auf das "in der Verfassung feierlich verbürgte Recht, daß alle deutschen Bürger ohne Unterschied der Rasse und des Standes vor dem Gesetze gleich sind" und erklärt dem SA-Mann Hellpach: "Die Regierung kann riesige Volksmassen in Bewegung setzen, formieren und kommandieren, sie kann keine Überzeugungen kommandieren! Die Regierung erhielt von der Volksmehrheit ihr Mandat: Sie kann Gehorsam fordern, aber keine Gesinnungslumperei! Gewissenszwang aber, Herr Kommissar, erzeugt Knechtseelen, Feiglinge, Denunzianten und Gesinnungslumpen!"Der Professor fügt der Entlassungsliste stattdessen seinen eigenen Namen hinzu. Daraufhin verfasst Hellpach ein zweites Papier, dem zufolge die Mitarbeiter der chirurgischen Station aus Regierungstreue und patriotischen Stücken eine weitere Zusammenarbeit mit dem Professor ablehnen. Im Beisein Mamlocks zitiert er alle Ärzte, Pfleger und Schwestern zum Unterzeichnen herbei. Natürlich unterschreiben sie durchweg, mit den zu allen Zeiten gleichen Heucheleien und Entschuldigungen auf den Lippen. Nur eine junge Ärztin verweigert die Unterschrift, Dr. Inge Ruhoff, eine enthusiastische Nationalsozialistin. Und nun kommt die Stelle, von der ich sagte, dass ich sie nie vergessen habe:
Dr. Hellpach: Sind Sie noch Pg.? Gehören Sie noch zur Bewegung?
Dr. Inge: Wenn Ihr Verhalten das Verhalten der Partei ist, nein!
Dr. Hellpach: Angesteckt (gegen Mamlock) von dem?
Dr. Inge: Aufgeklärt von Ihnen, Herr Kommissar! – Ja, Herr Kommissar, auch mir war die Partei alles, diese riesenhafte Bewegung mit ihren Ideen, ihren Kämpfen, ihren Zielen, alles! – Sauberkeit, Mut, Wahrhaftigkeit, Kameradschaft... jawohl, ausmisten wollten wir, hinauswerfen die Feiglinge, die Profitjäger, ein neues wahrhaftiges Geschlecht sollte im Aufbruch sein...
Dr. Hellpach: Es ist im Aufbruch!
Dr. Inge: Wir wollten dem "jüdischen Händlergeist", den Duckmäusern, Schiebern den feigen Nutznießern neue Gestalten entgegensetzen, die Gestalt des Kriegers, des Kämpfers, des ritterlichen Menschen...
Dr. Hellpach: Daran wird es nicht fehlen.
Dr. Inge: Es wird daran nicht fehlen, richtig, Herr Kommissar, aber auf welcher Seite sind hier die Kämpfer und auf welcher die Kriecher? Wo steht hier der letzte Ritter, der Soldat seiner Überzeugung, und wo stehen die anderen?
Und nun richten wir unsere Blicke in die deutsche Gegenwart, keineswegs um irgendetwas gleichzusetzen, ja nicht einmal, um etwas zu vergleichen, nur auf der Suche nach der Seite, wo sich die meisten Kriecher, Knechtseelen und Gesinnungslumpen sammeln, heute nicht mehr unter Bannern, sondern unter Hashtags wie "#wirdsindmehr" oder bei der "Erklärung der vielen"...
***
Der Knechtseelen und womöglich gar Gesinnungslumpen einer ist, bei aller unterstellbaren Satirüberbietungsgeneigtheit, der Reiseschriftsteller und PEN-Vizepräsident Ralf Nestmeyer, dessen Bekenntnis zur Staatsführung und spätes coming-out als oppositionsfeindliche Hofseele bei dafür Empfänglichen wehmütige Erinnerungen an die ja immerhin sprachbegabte Honecker-Schranze Hermann Kant zu wecken vermag. Folgende Bekenntnisse entließ Nestmeyer im Interview mit der Deutschen Welle der geblähten Brust:
1. Er sehe "in Deutschland eine Tendenz, dass die Meinungsfreiheit bedroht ist" – durch die Rechtspopulisten, indem sie von ihr übermäßigen Gebrauch machten.
2. Proteste "von der rechten Seite" führten "oft zu Gewaltausbrüchen" – diskret unterließ er es zu erwähnen, dass diese Gewalt in neundreiviertel von zehn Fällen von Linksextremisten ausgeht, weiß aber eh jeder.
3. "Die Freiheit des Wortes ist ganz wichtig für den PEN. Wir versuchen, Offenheit zu schaffen und ein möglichst breites Diskussionsspektrum zu ermöglichen." Aber "nahezu alle, wenn nicht sogar alle Positionen" der AfD seien "untragbar"; es sei folglich und füglich "obsolet, sich konstruktiv mit ihnen auseinanderzusetzen".
4. Durch Deutschland erstrecke sich nicht nur der indiskutabel gefährliche blaue Pfuhl, sondern "glücklicherweise eine ganz tolle Medienlandschaft". Er habe "keinen Zweifel daran", vertraut also blind darauf, dass die Berichte "renommierter" Medien und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks "auf gründlicher Recherche basieren. Da kann es immer mal wieder einen kleinen Ausrutscher geben – siehe der Fall Relotius beim Spiegel –, aber das ist dann im Promillebereich." (Vielleicht sollte man die Relotiaden tatsächlich aus der Promille-Perspektive betrachten; schließlich ist auch bei der DDR-Presse gesoffen worden, was die von über sie laufenden Läusen lädierten Lebern hergaben.)
5. Der PEN "sieht keine Veranlassung für eine direkte Interaktion mit der Neuen Rechten. Wir wollen nicht in einen Dialog treten, weil deren Agitation nicht des Dialogs würdig ist. Es ist verlorene Liebesmühe, diesen Gedankenstrukturen zu folgen." Die Freiheit des Wortes ist zwar wichtig für Le PEN, aber "ein möglichst breites Diskussionsspektrum" ist eben nicht dasselbe wie ein breites.
Aus dem Juste Milieu dringen inzwischen täglich aggressive geistige Bankrotterklärungen.
***Wegen der "hohen Zahl" von Messerangriffen befasst sich der Bundesrat mit einem Änderungsvorschlag für das Waffengesetz. Der Antrag stammt von den Ländern Bremen und Niedersachsen; allein in Niedersachsen wurden 2018 von der Polizei 3754 Taten mit Stichwaffen registriert. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte bereits vor Monaten "angesichts offenbar zunehmender Messerangriffe" eine "gesellschaftliche Grundsatzdebatte über wirksame Gegenmaßnahmen" gefordert. Nun will man Messerverbotszonen schaffen, vor allem dort, "wo sich viele Menschen aufhalten, etwa in Fußgängerzonen, Einkaufszentren, öffentlichen Verkehrsmitteln oder rund um Kindergärten und Schulen". Dort könne "das Führen von Messern jeglicher Art untersagt werden" (hier).
Das wird bestimmt Eindruck machen. Denn wenn das Führen von Messern untersagt wird, dämmert auch dem Letzten, dass wahrscheinlich auch das Zustechen verboten ist. Fragwürdig bleibt, warum die Länder angesichts der seit 1949 konstanten Zahl der Messerattacken pro Stich jetzt auf einmal Präventionsmaßnahmen aushecken. Das ist geeignet, die Bevölkerung zu verunsichern, Vorurteile und Ängste zu schüren, Generalverdächte gegen Gruppen zu erzeugen und den Rechtspopulisten in die gezinkten Karten zu spielen.
12. Mai 2019
Die Sonntage immer...!
Ich habe gelegentlich auf diesen Seiten des großen persischen Dichters, Mathematikers und trinkfreudigen Fatalisten Omar Chayyam (um 1048–1131) gedacht, aus dessen Feder die hinreißendsten Lobpreisungen des Weines stammen, welche – neben jenen des göttlichen Hafis – je in dieser Weltgegend angestimmt wurden. Am Beginn des Ramadan erinnerte ich mich einer Mail, die mir Leser *** vor sechs Wochen sandte und in welcher er schrieb, er habe sich nach dem gemeinsamen Genuss "einiger Flaschen guten Weines" mit einem iranischen Mitarbeiter meiner warmen Worte über den persischen Bacchanten erinnert. Auf die Schnelle und unter dem Einfluss des Rebensaftes habe er nur einen Vers ergoogeln können, nämlich:Wascht mich mit Wein, wenn ich fortgehe,
bei meinem Begräbnis sprecht ein Gebet, erfüllt von Wein;
wenn ihr mich finden wollt am Tag des Jüngsten Gerichts,
sucht mich im Staub vor der Tür der Schenke.
Oder eben:مرا شویید دهاب به گذرم در چون
امر گویید ناب شراب ز تلقین
امر یابید حشر روز به خواهید
امر جویید میکده در خاک از
Aus der spontanen Textexegese während der deutsch-iranischen Zecherei folgte eine Neuübersetzung, die mitsamt kurzen Erläuterungen darüber, "was Chayyam genau und wirklich meinte", fixiert und an mich abgeschickt ward. Aufgemerkt denn also zu Zeiten verschärfter Gaumenkasteiung inmitten der ohnehinnigen:
"Zeile 1: Wascht mich mit Qualitätswein, wenn ich sterbe.Bei der islamischen Bestattung wird der Leichnam zuerst mit reinem Wasser gewaschen. Dann wird er in ein weißes Tuch (Shroud) gehüllt. Und bevor er im Grab liegt (das Grab selbst und wie die Leiche rein hineingehen und wer dies tun sollte, hat seine eigenen islamischen Gesetze, aber sie sind nicht Gegenstand dieses Gedichts von Chayyam), spricht ein Mullah ein Gebet ins Ohr des Toten über Gott, Engel, den Tag der Auferstehung, den Tag des Jüngsten Gerichts und so weiter.
In diesem Teil sagt Chayyam: Wascht meine Leiche nach dem Sterben nicht gemäß den islamischen Gesetzen mit Wasser, sondern nur mit Qualitätswein.
Zeile 2: Beim Begräbnis sprecht in meine Ohren nur über Qualitätswein.
Chayyam will nicht in seinen toten Ohren von Gott hören, sondern nur von Wein. Das heißt, dass es in Ordnung ist, wenn die Bestattung wie eine islamische Bestattung aussieht, aber im Innern soll gegen islamische Gesetze verstoßen werden (mit dem, was der islamische Gott verboten hat).
Zeile 3: Wenn Ihr mich am Tag der Auferstehung finden wollt,
Zeile 4: Fragt dann den Staub vor der Tür der Schenke.
In den islamischen Geschichten (oder gemäß den Aussagen der Mullahs) sterben nach dem Ende der Welt alle Menschen, und dann kommt (auf Befehl Gottes) der Tag der Auferstehung, an dem alle Toten aus den Gräbern auferstehen und wieder lebendig werden. Danach kommt der Tag des Jüngsten Gerichts, an dem alle Auferstandenen in einer sehr langen Reihe zu Gott gehen, um beurteilt zu werden. An diesem Tag können alle Dinge (lebendig wie Menschen, Tiere, Insekten, auch der Körperteil dieser Lebendigen und auch die nicht lebendige Dinge wie Steine, Holze, Stäube und so weiter) auf Befehl Gottes sprechen und als Zeugen gegen die Person wirken.In den letzten beiden Teilen sagt Chayyam, dass er nach der Auferstehung nicht in der Reihe bleiben werde, um beurteilt zu werden, sondern in die Schenke gehen werde. Natürlich werde er den Staub von sich klopfen, bevor er in den Schenke eintrete (als Höflichkeit vor dem Betreten eines heiligen Ortes). Und wenn an diesem Tag jemand nach ihm sucht, kann er/sie die Stäube vor der Tür der Schenke fragen. Weil an diesem Tag, mit dem Befehl Gottes, auch der Staub sprechen und bestätigen kann, dass er an diesem Ort weilt. Das heißt, Chayyam sagt, der Wein und die Schenke seien für ihn wichtiger oder vielleicht heiliger als der (islamische) Gott und sein Gericht, der Himmel und so weiter. Und wenn jemand wirklich an den islamischen Gott glaubt, kann er vom Staub verlangen, ihn zu finden und zum Gericht zu bringen.
In diesem Gedicht sagt Chayyam: Ich habe immer mit Wein gelebt, und wenn ich sterbe, möchte ich Wein über mich gegossen haben und nur von Wein hören. Nach der Auferstehung (wenn es wirklich eine gibt) werde ich auch wieder in der Schenke gehen und Wein trinken, egal was euer (islamischer) Gott und seine Gesetze vorgeben, weil ich keinen Glauben an ihm habe."
8. Mai 2019
Zu schön, um nicht verbreitet zu werden:
***
"Droht das Ende der Krawatte?", fragt die FAZ. Warum das Frankfurter Weltblatt darauf kommt? Weil Sparkassen und Privatbanken die Schlipspflicht aufheben und die superflexiblen Betreiber der total hippen urbanen Start ups, Trendbuden und Silicon-Valley-Internetlaboratorien ohnehin casual bis zur Indolenz durchs Arbeitsleben wuseln. Das ist aber keineswegs das Ende der Krawatte, sondern das Ende ihres – meist geschmacklosen – Missbrauchs zur Uniformierung einer in Bürotürmen frönenden Klon-Armee, die sich jetzt eben anders uniformiert. Eine Krawatte trägt der Mann, um sich zu schmücken und seine Konversations- oder auch Kopulationspartner zu ehren, nicht um die Zugehörigkeit zu irgendeiner Branche zu signalisieren. Im Idealfall bindet er die Krawatte auch dann um, wenn er sich allein daheim befindet, also in bester Gesellschaft. Um die Zukunft der Krawatte muss einem nicht bange sein. Sie übernimmt nur wieder ihre Rolle als Distinktions-Accessoire.
***
Was freilich immer mehr der Vergangenheit angehört, ist Amerika als the land of the free. Der Spectator hat eine eindrucksvolle Liste von prominenten Querköpfen zusammengestellt, die in sozialen Medien gesperrt, zensiert, von der Teilnahme ausgeschlossen, gebannt sind, praktischerweise jeweils kombiniert mit dem Hinweis, wo man sie noch resp. stattdessen lesen kann. Primus inter pares ist Milo Yiannopoulos, "banned from: Facebook, Instagram, Twitter, PayPal, Venmo, Eventbrite, Shopify, Patreon, Coinbase, Periscope, Mailchimp, Tumblr, the nation of Australia".
Wir befinden uns in einem geistigen Bürgerkrieg, und niemand soll hoffen, dass er schon in den nächsten Jahren endet.
***
Eine erhellender Beitrag auf achgut beschäftigt sich mit der neuen Heilgen Familie. Die Thunbergs sind ein weiteres Exempel in der endlosen Kette verkrachter Existenzen, die ihr eigenes Leben nicht in den Griff bekommen und sich stattdessen kompensatorisch naseweis in das der anderen einmischen, die in ihrem privaten Umfeld auf ganzer Linie versagen, aber vorgeben zu wissen, was für die Gesellschaft und in diesem besonders drolligen Falle für das Weltklima das Beste sei. Aus diesem Menschenschlag stammt das Gros der Linken, von denen sich Josef und Maria Thunberg wenigstens insofern unterscheiden, als sie nicht auf anderer Leute Kosten leben, denn Greta-Jesa füllt die Haushaltsschatulle sehr ordentlich.
Übrigens rechnet Jordan Peterson zu seinen "12 Rules for Life" jene, erst einmal das eigene Zimmer aufzuräumen, bevor man sich den Weltproblemen widmet. Wer dort bereits überfordert ist, sollte einfach den Mund halten oder ausgelacht werden.
***